3 days ago

Analyse: Es ist alles noch schlimmer als gedacht



Pete Hegseth teilte auf Signal, wann mit welchen Waffensystemen im Yemen angegriffen werden soll. Donald Trump steht nun vor der Frage, ob er einen Minister entlassen sollte.

Auf Seite 36 der Geheimdienst-Richtlinien steht es unmissverständlich. "lnformationen, die darauf hinweisen oder eine Vorwarnung enthalten, dass die USA oder ihre Verbündeten einen Angriff vorbereiten" werden der Kategorie TS zugeordnet. Die Abkürzung steht für Top Secret.

Am Mittwoch hat das Magazin "The Atlantic" den vollständigen Chatverlauf über die Angriffspläne der USA gegen Huthi-Rebellen im Yemen veröffentlicht, die Mitte März umgesetzt wurden. Mit genauen Zeitangaben führte Verteidigungsminister Pete Hegseth demnach aus, welche Waffensysteme eingesetzt werden sollen. 

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Noch am Montag und Dienstag hatten Donald Trump und seine Leute probiert, die Sicherheitspanne herunterzuspielen. Es seien keine Geheiminformationen geteilt worden, hieß es gebetsmühlenartig. Tulsi Gabbard, der Direktorin der Geheimdienste, sagte bei einer Anhörung im Kongress, sie erinnere sich nicht, ob in dem Chat auch konkrete Waffensysteme genannt wurden. Am Mittwoch steht nun fest: Ja, es wurden hochsensible Militärinformationen geteilt, auch Waffensysteme.

Der Atlantic-Chefredakteur Jeffrey Goldberg, der versehentlich in die Planungsgruppe hinzugefügt wurde und die Sicherheitspanne öffentlich machte, wurde von Trump als "totaler Widerling" beschimpft. Pete Hegseth und der Nationale Sicherheitsberater Mike Waltz warfen ihm vor, er sei ein Journalist, der Geschichten erfinde. Karoline Leavitt, die Pressesprecherin des Weißen Hauses nannte Goldberg einen "Sensationsjäger".

Die Regierung von Donald Trump hat die Unwahrheit gesagt

Doch die Kritik zielt ins Leere, denn Goldberg erfindet nichts. Er veröffentlicht lediglich, was ihm ranghohe Angehörige der Trump-Regierung unaufgefordert zugeschickt haben. Zuvor hatte der Journalist noch auf die Veröffentlichung von sensiblen Militärinformationen verzichtet. Mittlerweile aber geht es um die Frage, wer die Wahrheit sagt. Die Trump-Regierung ist es nicht.

Für den amerikanischen Präsidenten wird der Skandal nun immer größer – und er steht vor der Frage, wie er ihn wieder eingehegt bekommt. Nur mit großer Mühe und viel Druck auf die Republikaner im Senat hatte er Hegseth als Verteidigungsminister durchsetzen können. Gegen den früheren Fox-News-Moderator gab und gibt es Vergewaltigungsvorwürfe. Zudem wurde ihm seit seiner Nominierung vorgehalten, er sei für das Amt ungeeignet, da er keinerlei Erfahrung hat, wie man ein Ministerium leitet. Das Pentagon ist größte Verwaltungsbehörde der Welt, an der schon Politiker mit jahrzehntelanger Erfahrung gescheitert sind.

Würde Washington weiterhin nach den Prinzipien funktionieren, die über Jahrzehnte in der Hauptstadt galten, müssten nun wohl der Verteidigungsminister und der Nationale Sicherheitsberater, der Goldberg in die Gruppe hinzugefügt hatte, zurücktreten. Trump scheut im Moment aber einen Rauswurf von einem der beiden. Es wäre ein Eingeständnis, dass er eben nicht die Besten der Besten in sein Kabinett berufen hat, sondern auch Regierungsamateure.

Ob es doch noch zu Rücktritten kommt, wird nun von zwei Dingen abhängen. Erstens: Wird es weitere Veröffentlichungen geben, die die Kompetenz von Hegseth und anderen in Frage stellen? Und zweitens: Kommt womöglich auch von den Republikanern im Kongress Kritik an der eigenen Regierung? Diverse Demokraten haben Hegseth bereits zum Rücktritt aufgefordert. Sollten auch Republikaner von ihm abrücken, könnte Trump ihn schließlich entlassen, um den Skandal zu beenden.

Doch soweit ist es noch nicht. Hegseth spottete über die Beschreibung des "Atlantic", es handele sich um Kriegspläne: "Keine Namen. Keine Ziele. Keine Standorte. Keine Einheiten. Keine Routen. Keine Quellen. Keine Methoden." All das sei notwendig, damit man überhaupt von Kriegsplänen sprechen könne. Kann er Trump von dieser Sichtweise überzeugen? Davon dürfte das politische Überleben von Pete Hegseth abhängen.

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