
Ihren Kampf gegen Diversitätsprogramme weitet die US-Regierung inzwischen auch auf Frankreich aus. Über die US-Botschaft in Paris erhalten Konzerne einen Fragebogen zum geforderten Rückbau der Inklusionsregeln. Den sollen sie offenbar unter Androhung von Zöllen beantworten.
Die US-Regierung fordert Insidern zufolge von bestimmten französischen Unternehmen die Einhaltung der neuen amerikanischen Vorschriften zur Einschränkung von Diversitätsprogrammen. Die Firmen mit US-Regierungsverträgen seien aufgefordert worden, die Einhaltung der Regeln zum Verbot von Programmen zur Förderung von Diversität, Gleichstellung und Inklusion ("Diversity, Equity and Inclusion", DEI) in einem Fragebogen zu bestätigen.
Das französische Außenhandelsministerium protestierte. "Die amerikanische Einmischung in die Inklusionspolitik französischer Unternehmen, unter Androhung ungerechtfertigter Zölle, ist inakzeptabel", teilte das Ministerium mit. "Frankreich und Europa werden ihre Unternehmen, ihre Verbraucher und auch ihre Werte verteidigen." Ein dem französischen Finanzminister Eric Lombard nahestehender Beamter sagte, man werde die Angelegenheit mit der US-Regierung besprechen. "Diese Praxis spiegelt die Werte der neuen US-Regierung wider. Sie sind nicht dieselben wie unsere. Der Minister wird seine Amtskollegen in der US-Regierung daran erinnern", sagte er.
Zuerst hatte die Zeitung "Les Echos" am Freitagabend über das Vorgehen der USA berichtet. Demnach wurde der Brief von der US-Botschaft in Paris an die Firmen verschickt. Von der Botschaft war zunächst kein Kommentar erhältlich. "Wir wären dankbar, wenn Sie das Dokument innerhalb von fünf Tagen ausfüllen und unterschreiben würden und an uns zurückmailen", heißt es in dem Brief, den die Zeitung auf ihrer Internetseite veröffentlichte. Sollten die Firmen nicht zustimmen, sollten sie ihre Gründe detailliert darlegen. Das werde dann an die Rechtsabteilung weitergeleitet.
Deutsche Unternehmen bisher wohl nicht betroffen
Medienberichten zufolge gehören Unternehmen aus den Bereichen Verteidigung und Infrastruktur zu den betroffenen Firmen. Es gab keinen Hinweis darauf, dass die angeschriebenen Unternehmen aufgrund ihrer Präsenz in den USA ausgewählt wurden. Eine mit der Angelegenheit vertraute Person sagte, dass der staatlich kontrollierte französische Telekommunikationskonzern Orange, der nicht in den USA vertreten ist, den Brief erhalten habe. Orange lehnte eine Stellungnahme ab. Dagegen haben der Rüstungskonzern Thales und der Ölriese TotalEnergies, die beide in den USA tätig sind, das Schreiben nicht bekommen, wie Sprecher der Unternehmen mitteilten.
Unklar blieb zunächst, ob Unternehmen aus anderen europäischen Ländern einen ähnlichen Fragebogen erhalten haben. Ein Sprecher der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) sagte, entsprechende Forderungen an deutsche Unternehmen seien bislang nicht bekannt.
US-Präsident Donald Trump hatte im Januar Ministerien und Bundesbehörden angewiesen, sämtliche Programme zu streichen, die Diversität, Gleichstellung und Inklusion fördern. Per Erlass kippte er zudem eine ganze Reihe von früheren, teils seit Jahrzehnten geltenden Dekreten, mit denen die Chancengleichheit bei der Beschäftigung und eine ausgewogene Besetzung der Belegschaft hinsichtlich Merkmalen wie Hautfarbe, Geschlecht und Religion erreicht werden soll. Ziel des Dekrets sei es, auch private Unternehmen, die Regierungsaufträge erhalten, davon abzubringen, Angehörige von Randgruppen einzustellen. DEI-Programme stellten eine "illegale Diskriminierung und Bevorzugung" dar, hieß es in dem Erlass.