Der Kampfflieger Hs 129 sollte im Zweiten Weltkrieg massenhaft Sowjetpanzer zerstören – doch Motoren und Rückstoß bremsten ihn aus. Nur psychologisch war der Erfolg durchschlagend.
Die Henschel Hs 129 sollte eigentlich der gefährlichste Panzerknacker des Zweiten Weltkriegs werden, und einiges sprach zunächst dafür. Entwickelt als spezielles Schlachtflugzeug für die Luftunterstützung der Wehrmacht, wurde sie ab 1937 unter der Leitung von Henschel & Sohn konzipiert, um den Anforderungen des Reichsluftfahrtministeriums an ein robustes Bodenangriffsflugzeug gerecht zu werden. Wichtig für den Angriff auf Bodenziele war der Schutz des Flugzeugs gegen Beschuss durch leichte Flak und Maschinengewehre. Die Maschine hatte – anders als die Ju 87 Stuka oder die russische IL-2 Sturmovik – zwei Motoren, sodass sie nach dem Ausfall eines Triebwerks weiterfliegen konnte. Vom russischen Modell wurde das Konzept übernommen, die Besatzung in eine Art Metallwanne aus Panzerplatten zu setzen, damit die Soldaten vom Sperrfeuer nicht verletzt wurden. Diese "Panzerwanne" bestand aus bis zu zwölf Millimeter starken Stahlplatten, die Cockpit und Motoren umschlossen – die IL-2 Sturmovik war mit bis zu 700 Kilo Panzerung nahezu unverwundbar gegen Kleinwaffenfeuer. Doch während die IL-2 auf Masse und Robustheit setzte, war die Hs 129 auf Präzision ausgelegt.
Überdies besaß die Hs 129 die mächtigste Kanone, die im Zweiten Weltkrieg in ein Flugzeug eingebaut wurde. Die deutschen Stukas waren maximal mit zwei Maschinenkanonen im Kaliber 38 Millimeter bestückt. Damit konnte man die Frontpanzerung eines T-34 nicht durchschlagen. Der Pilot musste im Anflug die Nase seines Flugzeugs senken oder gleich im Sturzflug angreifen, damit die Geschosse das verwundbare Dach durchschlugen.
Der Zweite Weltkrieg und der Traum vom fliegenden Panzer
Die Hs 129 wurde mit einer Vielzahl von Bewaffnungen ausgerüstet, doch erstmals träumte man von einem fliegenden Panzer mit einer entsprechenden Kanone. In einem sogenannten Rüstsatz wurde eine Variante der Kampfwagenkanone 40 eingebaut. Sie verschoss Granaten im Kaliber 75 Millimeter. 26 Granaten führte die Maschine mit sich, die durch einen Autoloader (Ladeautomaten) ins Rohr gebracht wurden. Mit ihrer Feuerkadenz von 40 Schuss pro Minute konnten drei bis vier Granaten bei einem Anflug abgefeuert werden. Im Prinzip hätte die KwK 40 die Frontpanzerung eines T-34 auf 1000 Meter durchschlagen können, wenn der Pilot auf diese Entfernung sein Ziel hätte treffen können. Denn er konnte nicht aus der Ruhelage feuern, sondern musste dies im Flug tun. Die KwK 40, ursprünglich eine Panzerabwehrkanone für den Bodenkampf, wurde in der Hs-129B-3-Version als Bordwaffe adaptiert. Ihr Einsatz begann 1944 an der Ostfront, wo sie gegen die wachsende Zahl sowjetischer T-34- und KV-1-Panzer getestet wurde – allerdings oft unter schwierigen Bedingungen, da die Maschine für präzises Zielen im Tiefflug nicht optimal ausgelegt war.
Trotz der mächtigen Waffe waren die Erfahrungen mit der Hs 129 enttäuschend. Es wurden keine 1000 Stück dieses Flugzeugtyps gebaut. Zwischen 1942 und 1944 wurden lediglich etwa 870 Exemplare produziert, da Materialknappheit und die Priorisierung von Jagdflugzeugen wie der Bf 109 die Fertigung bremsten. Zudem verzögerten Probleme mit den französischen Motoren die Auslieferung an die Front. Das lag vor allem an den schlechten Flugeigenschaften: Die Motoren waren schlicht zu schwach für den übergewichtigen Vogel.
Die Hs 129 erreichte nur eine Höchstgeschwindigkeit von 400 Kilometern pro Stunde. Anders als die Ju 87 oder die Sturmovik besaß die Hs 129 keinen Heckschützen zur Abwehr gegnerischer Jäger oder Schlachtflugzeuge. Ohne Jagdschutz konnte das schwerfällige Flugzeug daher nicht eingesetzt werden. Besonders an der Ostfront und in Nordafrika zeigte sich dieses Manko. Während die Hs 129 dort gegen sowjetische Panzerdivisionen und alliierte Versorgungslinien kämpfte, blieb ihr Beitrag zum Kriegsgeschehen gering – ein Kontrast zur gefürchteten IL-2, die in Massen produziert wurde.
Das 75 Millimeter dicke Panzerglas des Flugzeugs behinderte die Sicht des Piloten. Auch waren die französischen Gnôme-Rhône-14M-Motoren des Hs 129 extrem empfindlich gegenüber Staub. Die Triebwerke setzten sich während des Fluges schnell zu. In Afrika verlor eine Staffel mehr Maschinen wegen der Motoren als durch Feindeinwirkung.
Maschine zu schwach für die Bewaffnung
Auch die Idee, die Pak 40L einzusetzen, erwies sich als Fehlschlag. Die Konstruktion der Waffe mit einem Autoloader war meisterlich, doch es gelang nicht, den starken Rückschlag der mächtigen Kanone zu kompensieren. Als die USA das Erdkampfflugzeug A-10 Fairchild-Republic – genannt Warthog – bauten, war den Ingenieuren bewusst, dass die gesamte Zelle des Flugzeugs so aufgebaut werden musste, dass sie Rückstoß und Vibrationen der mächtigen 30-mm-Gatling-Maschinenkanone GAU-8/A Avenger aushalten konnte. Die A-10 wurde Jahrzehnte später um ihre GAU-8 herum entworfen, mit verstärkten Flügeln und einem ausgeklügelten Dämpfungssystem. Die Hs 129 hingegen war ein Kompromiss: Die nachträglich montierte Kanone überforderte das ohnehin fragile Design, eine Lehre, die spätere Ingenieure verinnerlichten. Die Deutschen montierten einfach eine Wanne mit der Panzerkanone unter das Flugzeug. Das bloße Gewicht von Kanone und Munition brachte die Maschine bereits an ihre Grenzen.Eine Hs 129 im Jahr 1943 im Angriffsflug in der Nähe des Kasserinpasses, Tunesien
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Beim Feuern war der Rückstoß so stark, dass das Flugzeug unkontrolliert aus der Bahn geworfen wurde. An eine Schusssequenz war meist nicht zu denken. Dennoch war die Hs 129 bei den Piloten beliebt, denn die Maschine war – anders als die deutsche Ju 87 – sehr resistent gegen gegnerisches Feuer. Bekanntester Pilot war Rudolf-Heinz Ruffe. Ihm werden 80 abgeschossene Panzer zugeschrieben. Ruffe, ein Ass der Schlachtflieger, führte die Hs 129 oft in riskante Tiefflugangriffe. Seine Erfolge gegen sowjetische Panzer machten ihn zur Legende, doch die Verwundbarkeit der Maschine gegen schwere Flak blieb ihr Schwachpunkt. Trotz der starken Panzerung wurde er abgeschossen. Seine Maschine erlitt 1944 einen Volltreffer der sowjetischen Flak – sie explodierte sofort und Ruffe kam dabei ums Leben.
Einsatzgeschichte der Hs 129
Die Hs 129 wurde ab Mitte 1942 vor allem an der Ostfront eingesetzt, wo sie in die Kämpfe gegen die Rote Armee verwickelt war. Ihre erste Bewährungsprobe fand im Sommer 1942 statt, als die Schlachtfliegerstaffeln gegen die sowjetische Offensive bei Charkow antraten. Später, während der Schlacht von Kursk 1943, sollte sie mit ihren Bordkanonen die Panzerangriffe der Sowjets bremsen. Doch die geringe Stückzahl und die anfälligen Motoren begrenzten ihren Erfolg. In Nordafrika unterstützte die Hs 129 ab 1942 die Truppen Rommels, etwa in der zweiten Schlacht von El Alamein, doch die Wüstenbedingungen verschärften die Probleme mit den Triebwerken. Gegen Ende des Krieges, 1944/45, wurde sie zunehmend durch die Focke-Wulf Fw 190 als Schlachtflugzeug ersetzt, da die Hs 129 den steigenden Anforderungen nicht mehr genügte. Ihr größter Verdienst lag in der psychologischen Wirkung: Die donnernde 75-mm-Kanone sorgte bei gegnerischen Panzern für Panik – wenn sie denn traf.