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Aufrüstung : Luftabwehrgeschütz mit 16 Läufen bekämpft Drohnen mit einer Todeswolke



Chinas neues Luftabwehrsystem mit 16 Läufen soll Drohnenschwärme durch einen "Todesvorhang" zerstören. Eine kosteneffiziente Antwort auf die moderne Drohnen-Bedrohung.

 

Die bislang unbekannte Firma Hina hat ein System vorgestellt, das speziell zur Abwehr von Drohnenschwärmen entwickelt wurde. Ins Auge fallen die Maschinenkanonen mit insgesamt 16 Läufen. Innovativ ist die Art, wie diese Waffe der Drohnenbedrohung Herr werden will. Der Chefdesigner Yu Bin erklärte in einem Interview mit dem Magazin "Modern Weaponry", dass die Waffe viele Ziele gleichzeitig mit hoher Kosteneffizienz bekämpft, so das chinesische Staatsmedium "Global Times".

Kein "Punkt-zu-Punkt"-System

Moderne Luftabwehrsysteme wie Skyranger und Rapidfire arbeiten mit einem "Punkt-zu-Punkt"-System. Was bedeutet das? Die Kanone visiert ein Ziel an, berechnet dessen wahrscheinlichen Kurs und feuert Munition so ab, dass sie im Idealfall das Objekt trifft. Spezielle "Air-Burst"-Munition erzeugt einen Hagel von Fragmenten an diesem Punkt, sodass ein Ziel auch bei einem knappen Fehlschuss zerstört wird. Rheinmetalls Skyranger setzt solche Luftdetonationsmunition ein, während Rapidfire von Nexter und Thales durch automatische Zielauswahl mehrere Bedrohungen schnell abwehren kann.

Bei Billigdrohnen stoßen solche Systeme an ihre Grenzen, besonders wenn diese in Schwärmen mit eigener Schwarmintelligenz agieren. Ein Magazin des Rapidfire-Turms kann bis zu 30 Ziele abwehren. Gegen Marschflugkörper ist das eine enorme Zahl, doch ein Schwarm von FPV-Drohnen kann weit umfangreicher sein. Die geringe Größe, KI-gesteuerte unberechenbare Flugbahnen und die schiere Menge der Drohnen, die sich in Konflikten wie in der Ukraine rasant weiterentwickeln, überfordern die Abwehr.

Todeswolke für Drohnen

Yu Bin verfolgte eine andere Idee, Luftziele zu bekämpfen. Sie erinnert an die Flugabwehr im Zweiten Weltkrieg: Die 16 Läufe seiner Waffe visieren kein einzelnes Ziel an, sondern erzeugen einen "Todesvorhang". Er erklärte, dass die Waffe eine Wand aus Geschossen bildet, nach dem Prinzip "Fläche zu Punkt". Durch die 16 Geschützläufe wird enorme Feuerdichte erzielt. Vereinfacht gesagt, funktioniert es wie ein Schrotschuss in XXL-Größe. Es benötigt keine exakten Zieldaten und vernichtet alles in der Luft, was sich grob in diesem Sektor befindet. Im Zweiten Weltkrieg schossen schwere Flugabwehrkanonen Wolken von Fragmentationsgeschossen in die Flugbahn eines Bomberpulks, ohne einzelne Flugzeuge anzuvisieren.

Das Magazin zeigte einen Prototyp mit 16 Geschützläufen, der spezielle Munition verwendet, vermutlich Fragmentationsgeschosse. Im Vergleich nutzt Skyranger eine einzelne Kanone mit Luftdetonationsmunition, während Rapidfire ein 40-mm-Geschütz mit verschiedenen Munitionsarten für unterschiedliche Bedrohungen einsetzt. Tests sollen zeigen, dass Hinas System Drohnenschwärme mit seinem Sperrfeuer abwehren kann, ebenso Raketen, Mörsergranaten und Artilleriegeschosse. Der Militärexperte Fu Qianshao sagte der "Global Times", dass die Waffe durch ihre Effizienz überzeuge. Sie sei besonders kosteneffizient, da sie konventionelle Munition nutzt, was sie für Länder mit begrenzten Budgets attraktiv macht. Skyranger und Rapidfire sind durch fortschrittliche Munition teurer, aber präziser und für Nationen wie Deutschland geeignet.

Munitionsverbrauch unklar

Das Nahbereichs-Luftabwehrsystem ist modular aufgebaut und kann auf unterschiedlichen Trägern – vom Lkw bis zum Schiff – montiert werden. Sein Vorteil ist die physische Zerstörung der Ziele. Elektronische Störsysteme, wie sie in der Ukraine eingesetzt werden, sind teils effizient, werden aber durch Updates der Drohnensteuerung regelmäßig unwirksam. Drohnen, die über Glasfaserkabel oder eigene KI gesteuert werden, sind gegen Funkstörungen unempfindlich. 

Offen bleibt, wie viel Munition dieses System mit seinen 16 Läufen verschlingt, um den tödlichen Vorhang zu erzeugen. Ein Angriff in mehreren Wellen könnte die Abwehr schnell überlasten.

Die große Zeit der kleinen Drohnen

Derzeit dominieren kleine Drohnen die Kämpfe an der Frontlinie in der Ukraine. Sie sind ein wesentlicher Faktor, der es Kiew ermöglicht, den Russen standzuhalten, obwohl die ukrainischen Streitkräfte bei konventionellen Waffen unterlegen sind. Niemand hat diese Entwicklung vorausgesehen, und kleine FPV-Drohnen werden nicht von klassischen Rüstungsunternehmen hergestellt. Elektronische Störmaßnahmen sind teilweise wirksam, doch die Menge an Drohnen und Steuerungen über Glasfaserkabel mindern diesen Effekt. Exotische Lösungen wie Schildkrötenpanzer, Grabenabdeckungen und Netzsperren behindern Drohnenangriffe, stellen sie aber nicht ab. 

Die Bekämpfung mit Schrottmunition ist bislang ein Notbehelf. Vermutlich wird die Ära der FPV-Drohnen nicht ewig andauern. Systeme wie die 16-Lauf-Kanone werden in den Einsatz kommen. Das wahrscheinlichste Szenario ist jedoch "Drohne killt Drohne": Spezielle Jagddrohnen, die ohne Operatoren und durch eigene KI gesteuert werden, könnten Angriffsdrohnen aufspüren und abschießen. Dann wären die Kosten ausgeglichen: Billige, massenhaft produzierte Angriffsdrohnen treffen auf ebenso kostengünstige Jäger.

Quelle: Global Times

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