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Der Staat nimmt ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro auf, um die Wirtschaft anzukurbeln. Wer das zurückzahlen soll? Antworten der Ökonomie-Professorin Monika Schnitzer.
Frau Schnitzer, Neuschulden in Höhe von 500 Milliarden Euro: Das klingt besorgniserregend. Es wäre doch viel besser, schuldenfrei zu sein, oder nicht?
Ein schuldenfreier Staat, der eine kaputte Infrastruktur hat, technologisch rückständig ist und dessen Wirtschaft nicht wächst, ist keineswegs besser als ein Staat, der Schulden aufnimmt und dafür vorn mitspielt. Ein wirtschaftlich starkes Land wie Deutschland kann sich auch ein so großes Schuldenpaket leisten. Wichtig ist, dass es für zukunftsorientierte Investitionen ausgegeben wird.
Drohen der nächsten Generation nun saftige Steuererhöhungen und eine Hyperinflation?
Der Begriff Hyperinflation stimmt hier überhaupt nicht. Die Zinszahlungen werden in jedem Fall leichter, wenn wir das Geld gut einsetzen und damit Wachstum generieren. Dann steigen die Steuereinnahmen automatisch.
Wie macht ein Staat überhaupt Schulden? Sitzen die Ministerialbeamten vor Kreditvergleichsportalen?
Nein, natürlich nicht. Ein Staat macht Schulden, indem er Staatsanleihen über die Finanzagentur des Bundes am Kapitalmarkt ausgibt. Dies geschieht im Rahmen von unregelmäßig stattfindenden Auktionen. Zum Beispiel gibt es nächste Woche eine Auktion, bei der zehnjährige Bundesanleihen im Gesamtwert von 4,5 Milliarden Euro ausgegeben werden sollen.
Der deutsche Staat hat eine sehr gut Bonität
Wer wird dem Staat am Ende das viele Geld leihen?
Der deutsche Staat hat eine sehr gute Bonität, er ist ein sehr guter Schuldner. In der Regel sind Zentralbanken anderer Staaten, große Vermögensverwalter, Banken oder Pensionsfonds dankbare Abnehmer von deutschen Staatsanleihen. Und indirekt über diese Institutionen auch die deutschen Bürgerinnen und Bürger.
Liegen die 500 Milliarden Euro anschließend auf einem verzinsten Tagesgeldkonto des Bundes?
Die 500 Milliarden Euro sollen über die nächsten zehn bis zwölf Jahre ausgegeben werden. Die Gesamtkreditsumme wird nicht auf einen Schlag aufgenommen, sondern nach Bedarf. Die Gelder liegen dann im Finanzagenturkonto bei der Bundesbank und werden nicht verzinst.
Wie hoch werden die Zinsen für Deutschland ausfallen?
Das wird davon abhängen, wann und wie die Schulden genau aufgenommen werden und vor allem, mit welchem Versprechen dies verknüpft sein wird. Die meisten Schulden nimmt der Staat über zehnjährige Bundesanleihen auf, und diese haben zurzeit einen Zins von circa 2,7 Prozent. Dieser kann durchaus niedriger ausfallen, wenn die Regierung glaubhaft vermittelt, dass das Geld für wachstumsfördernde Maßnahmen ausgegeben wird.
Es gibt keinen Tilgungsplan wie beim Immobilienkredit
Gibt es – wie für Häuslebauer – einen Tilgungsplan?
Die Bundesanleihen, die der deutsche Staat ausgibt, haben eine feste Laufzeit und sehen keine monatliche Tilgung wie beim Immobilienkredit vor. Sie werden am Ende der Laufzeit fällig und werden auch, anders als bei den meisten Immobilienkrediten, in der Regel nicht oder nur zu einem kleinen Teil wirklich zurückgezahlt, sondern es findet meist eine Umschuldung statt, indem neue Bundesanleihen ausgegeben werden.
Können Privatanleger vielleicht sogar vom Sondervermögen profitieren?
Wie sich das Sondervermögen auf die Zinsen für Sparvermögen auswirken wird, ist aktuell schwer zu sagen. Der Aktienmarkt hat durchaus positiv auf die Ankündigung reagiert, und wenn das Geld wirklich klug investiert wird und in der hiesigen Wirtschaft ankommt, dann wird das auch die Kurse weiter stützen, und dadurch profitieren auch die Privatanleger.
Der Staat geht durch das Sondervermögen nicht pleite
Setzt Deutschland durch die höhere Schuldenquote seine bislang exzellente Kreditwürdigkeit als "zuverlässiger und stabiler Schuldner" (AAA) aufs Spiel?
Diese Gefahr sehe ich nicht. Deutschland ist eines der wenigen Länder, das noch nie die höchste Bonität verloren hat, obwohl die Schuldenquote schon deutlich höher lag. Auch mit dem Sondervermögen und mehr schuldenfinanzierter Verteidigung ist es nicht zu erwarten, dass Deutschland Gefahr läuft, diesen Status zu verlieren.
Kann Deutschland vielleicht sogar durch das Finanzpaket pleitegehen?
Das kann man wirklich ausschließen. Im Übrigen: Das Paket stellt jetzt erst einmal einen Verschuldungsspielraum zur Verfügung. Wann und wie das Geld ausgegeben wird, entscheidet ja in den nächsten Jahren der Bundestag im parlamentarischen Prozess. Da gibt es noch viele Kontrollmechanismen, damit das nicht aus dem Ruder laufen kann.
