Die deutschen Handballerinnen zittern sich ins Viertelfinale der Olympischen Spiele. Dort wird es laut. Denn das DHB-Team spielt gegen eine ganze Nation.
Den erlösenden Viertelfinaleinzug erlebten Deutschlands Handballerinnen nach langem Zittern vor ihren Bildschirmen im olympischen Dorf. Trotz vier Niederlagen in fünf Vorrundenspielen hat sich das DHB-Team dank Schützenhilfe der Konkurrenz den vierten Platz in der Gruppe A gesichert und damit das Ticket für die K.o-Runde gebucht. Im Kampf um das Halbfinale fordert die Auswahl von Bundestrainer Markus Gaugisch am Dienstag im Hexenkessel von Lille nun Weltmeister Frankreich heraus.
"Vielleicht ist der Standortwechsel ganz gut für uns", sagte Rückraumspielerin Xenia Smits nach der deutlichen 18:30-Klatsche gegen Europameister Norwegen im abschließenden Gruppenspiel. "Ich arbeite nicht, um hier hinzukommen und dann abgeschlachtet zu werden. Diese Siegermentalität müssen wir wieder aufbauen", forderte die Führungsspielerin vor dem Umzug nach Lille.
Nur weil Dänemark anschließend gegen Südkorea gewann, kämpften sich die DHB-Frauen mit Verspätung ins Viertelfinale. Ausschlaggebend war die bessere Tordifferenz gegenüber den punktgleichen Teams aus Slowenien und Südkorea.
DHB-Sportvorstand Axel Kromer war zwar alles andere als zufrieden mit den bisherigen Auftritten des deutschen Teams. Dennoch sei es ein Ergebnissport und die Mannschaft stehe im Viertelfinale, stellte Kromer fest und ergänzte: "Man kann schon konstatieren, dass wir uns nach der intensiven Vorbereitung eine Stabilität erhofft hätten, die größer ist."
Vorfreude auf Fußballstadion
Die deutschen Handballerinnen hatten sich mit der überraschenden Auftaktniederlage gegen Südkorea selbst um eine gute Ausgangsposition gebracht. Es folgten weitere Dämpfer gegen Schweden, Dänemark und schließlich Norwegen. Nur der 41:22-Kantersieg gegen Slowenien rettete den WM-Sechsten, der erstmals seit 2008 wieder bei Olympischen Spielen um Medaillen kämpft.
Um den ersten Erfolg gegen Frankreich seit 2011 zu feiern, braucht es mehr als nur eine Leistungssteigerung. "Das muss im Viertelfinale ganz, ganz anders aussehen", forderte Smits. Die Vorfreude auf die wahnsinnige Kulisse im Fußballstadion des OSC Lille vor über 20.000 Zuschauern sei riesig.
Einbruch nach Blitzstart
Das Mindestziel ist mit dem Einzug ins Viertelfinale erreicht. Der erschreckend schwache Auftritt gegen Norwegen lässt einen Coup gegen Frankreich allerdings fast unmöglich erscheinen. Bundestrainer Gaugisch nannte die Vorstellung seiner Spielerinnen "deutlich unterlegen".
Zwei Tage nach einer mutmachenden Leistung gegen Dänemark (29:30) präsentierte sich Deutschland enttäuschend. Nach einem 3:0-Lauf zum Start brachen die DHB-Frauen komplett ein. Die Pässe wurden immer ungenauer, die Abschlüsse immer schwächer. Lediglich Torhüterin Katharina Filter erwischte einen guten Tag und verhinderte mit sehenswerten Paraden Schlimmeres. "Unser Auftreten war nicht überzeugend. Wir wurden wirklich überrannt. So können wir uns nicht hinstellen", kritisierte Smits die Teamleistung.
Seit Jahren versuchen die DHB-Frauen, die Lücke zu den Topteams um Frankreich, Dänemark oder Norwegen zu schließen. In einigen Duellen ist das DHB-Team zwar nah dran - am Ende fehlt aber die Konstanz, um die Großen wirklich zu bezwingen. Vielleicht passt am Dienstag gegen Frankreich alles zusammen. "Die Karten werden neu gemischt", kündigte Smits angriffslustig an.