19 hours ago

"Kein Kanzlerwahlverein mehr": Junge-Union-Chef warnt Merz und erhöht den Druck



Die finalen Koalitionsgespräche stehen erst am Montag an, da regt sich in der CDU schon der Unmut über die ersten Ergebnisse. Der Chef der Jungen Union droht sogar, einer Regierung nicht zuzustimmen, sollte es den versprochenen Politikwechsel nicht geben.

Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, droht mit einem Nein zum Koalitionsvertrag. Winkel sagte in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung", "der Politikwechsel, für den die ganze Union, vor allem wir als Junge Union so sehr gekämpft haben und den die Menschen erwarten", der müsse jetzt auch kommen. "Die CDU darf keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, ohne dass ein Politikwechsel kommt."

Die Beschlüsse zum Sonderschuldenprogramm und der Lockerung der Schuldenbremse hätten nicht dem entsprochen, wofür die CDU im Wahlkampf eingetreten sei, sagte der CDU-Politiker. Wenn die Union bei den anderen wichtigen Themen in den Koalitionsverhandlungen den Politikwechsel nicht schaffe, dann habe man ein Problem. "Um in einem Bild zu bleiben, das Friedrich Merz 2021 verwendet hat: Dann ist die CDU insolvenzgefährdet."

Winkel sagte: "Wir haben als Union in den vergangenen drei Jahren eine knallharte Opposition und einen knallharten Wahlkampf geführt." Angesichts der Probleme des Landes und dem Auftreten der Ampel sei das auch richtig gewesen. "Aber wenn man das so macht, dann muss auch klar sein, wie die Erwartungshaltung der Parteibasis und vor allem der Wähler ist: Es darf kein 'Weiter So' geben." Das gelte "insbesondere bei den Themen, die den Wahlkampf geprägt haben: Migration, Wirtschaft, Bürokratieabbau".

Die CDU ist kein "Kanzlerwahlverein mehr"

Auf die Frage, ob er gegen eine Koalition mit der SPD stimmen würde, wenn es hier keinen Politikwechsel gebe, antwortete der JU-Vorsitzende: "Alles andere entspräche ja dem Motto 'Macht als Selbstzweck'." Wenn die Union eine Koalition eingehe, "ohne dass der überfällige und versprochene Politikwechsel kommt, dann nimmt das Land massiven Schaden. Darum muss es doch gehen". Aber auch, wenn man es nur parteitaktisch sehen wolle: "Eine Regierung mit CDU-Kanzler, aber SPD-Inhalten wäre doch erst recht ein Konjunkturprogramm für die AfD."

Heute sei in der Union jedenfalls klar: "Die CDU ist kein Kanzlerwahlverein mehr. Die Selbstvergewisserung der Partei, die durch das starke neue Grundsatzprogramm erreicht worden ist, muss man sehr ernst nehmen. Die Zeiten, in denen das Motto galt, wir bekommen das Kanzleramt und die Sozialdemokraten die Inhalte, die sind tatsächlich vorbei. Die CDU ist - auch und gerade an der Basis - eine sehr selbstbewusste Partei. Dass man einen sozialdemokratisch dominierten Koalitionsvertrag vorlegt, das wird nicht mehr funktionieren."

Winkel äußerte in dem Interview zudem weitere Kritik an Parteichef Merz - auch an der Entscheidung, einen Migrationsantrag mit Stimmen der AfD zu verabschieden. Er "bezweifle, dass der Wahlerfolg der Linken insbesondere in der jungen Generation ohne die Rede von Heidi Reichinnek im Bundestag möglich gewesen wäre". Reichinnek hatte damals eine viel beachtete Rede gegen das Verhalten der Union gehalten. Mit der Entscheidung, mit der AfD einen Antrag durchzubringen, habe man die "Linke regelrecht reanimiert".

Außerdem ging der JU-Chef auf Distanz zu den CSU-Erfolgen in den bisherigen Koalitionsverhandlungen. Markus Söder hatte teure Verbesserungen bei der Mütterrente, der Gastro-Steuer und dem Agrardiesel durchgesetzt. Winkel sagte dazu: "Wir müssen uns als Union selbstkritisch hinterfragen: Ist jetzt wirklich die Zeit für schuldenfinanzierte Wahlkampfgeschenke? Natürlich wird dadurch die Aufforderung an die SPD, deutlich zu sparen, ein Stück weit unglaubwürdig."

Am Montag gehen die Top-Verhandler von CDU, CSU und SPD in die Schlussrunde der Koalitionsgespräche. Führende Unionspolitiker versuchen, Befürchtungen zu dämpfen, CDU-Chef Merz könne den im Wahlkampf versprochenen Politikwechsel in Kernbereichen wie der Migrations-, Wirtschafts- und Verteidigungspolitik nicht gegen die SPD durchsetzen. Für zusätzliche Unruhe sorgt eine Umfrage, in der die AfD erstmals mit einem Wert von 24 Prozent gleichauf mit der Union liegt.

In der CDU werden auch erste Forderungen laut, eine Mitgliederbefragung, wie in der SPD, über das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen entscheiden zu lassen. Nach den Parteistatuten befindet eigentlich ein Kleiner Parteitag (Bundesausschuss) darüber. Als Termin dafür wird dem Vernehmen nach der 28. April angepeilt.

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