Mehr als 100 Festnahmen in London, Gewalt in Hartlepool, Proteste in Manchester: An mehreren Orten in Großbritannien eskaliert die Lage. Angeheizt wird die Situation von Falschnachrichten.
Nach der zweiten Krawallnacht in Folge wegen der Bluttat von Southport wächst in Großbritannien die Angst vor weiteren gewalttätigen Protesten von Rechtsradikalen. Premierminister Keir Starmer will sich mit wichtigen Polizeiführern beraten. Dabei werde der Labour-Politiker den Mut der Einsatzkräfte loben und ihnen Rückendeckung geben, damit sie gegen "sinnlose Gewalt" durchgreifen können, zitierte die Nachrichtenagentur PA aus Regierungskreisen.
Ein 17-Jähriger soll am Montag drei Mädchen im Alter von sechs, sieben und neun Jahren erstochen und acht weitere Kinder sowie zwei Erwachsene teils schwer verletzt haben. Zwei Kinder wurden mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen.
Der Jugendliche wurde unter hohen Sicherheitsvorkehrungen zum Amtsgericht in Liverpool gebracht. In einer kurzen Anhörung entschied der Magistrates' Court, den Fall wegen der Schwere der Vorwürfe an den höher gestellten Crown Court weiterzureichen. Dort sollte der Teenager noch heute erscheinen.
Polizeiangaben wird nicht geglaubt
Nach Polizeiangaben wurde der Tatverdächtige, der wegen dreifachen Mordes und zehnfachen Mordversuchs angeklagt ist, in Großbritannien geboren. Laut BBC stammen die Eltern des Jugendlichen aus Ruanda. Sein Name darf nicht genannt werden, weil er minderjährig ist.
In sozialen Medien breitete sich trotz der Polizeimitteilung die Falschnachricht aus, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen irregulär eingereisten muslimischen Migranten handelt. Das hat nach Einschätzung der Behörden die Krawalle ausgelöst.
Mehr als 100 Festnahmen in London
In London kam es am Mittwochabend unweit des Regierungssitzes in der Downing Street zu Handgemengen zwischen Ultranationalisten und der Polizei. Die Randalierer warfen auch mit Feuerwerkskörpern auf den eisernen Zaun, der die Straße absperrt. Die Polizei nahm mehr als 100 Menschen fest. Teilnehmer riefen: "Rule Britannia" und "Wir wollen unser Land zurück".
Bürgermeister Sadiq Khan kritisierte, die Ausschreitungen seien völlig inakzeptabel. "Auf unseren Straßen ist kein Platz für Kriminalität, und ich unterstütze voll und ganz das Vorgehen der Metropolitan Police gegen diejenige, die auf Gewalt aus sind, Unruhe stiften und in unserer Stadt Spaltung verbreiten", schrieb der Politiker der sozialdemokratischen Labour-Partei bei X.
In der nordostenglischen Stadt Hartlepool griffen Randalierer Einsatzkräfte an, ein Polizeiwagen ging in Flammen auf. Hier wurden acht Menschen festgenommen. Der örtliche Parlamentsabgeordnete Jonathan Brash zeigte sich entsetzt. "Fenster von Geschäften wurden eingeschlagen, Autos angezündet", sagte der Labour-Politiker der Nachrichtenagentur PA. "Dieses Verhalten repräsentiert nicht die Menschen von Hartlepool."
In Manchester vertrieb die Polizei einige Dutzend Menschen in der Nähe eines Hotels, das als Unterkunft für Asylsuchende genutzt wird. Am Dienstagabend hatte es bereits in Southport gewaltsame Ausschreitungen in der Nähe einer Moschee gegeben. Dort wurden besondere Befugnisse für die Polizei verlängert, Menschen jederzeit kontrollieren zu können.