Die Ukraine muss sich auf die rechtzeitige Lieferung zugesagter Waffen verlassen können. Nach Ankunft der ersten F-16-Jets wird in Kiew bereits über weitere Kampfflugzeug-Typen spekuliert.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnt vor Verzögerungen bei der Lieferung von zugesagten Waffen oder Munition aus dem Westen für die Verteidigung seines Landes. "Für uns ist es wichtig, dass zwischen der Ankündigung der Pakete und ihrem Einsatz an der Front ein Minimum an Zeit vergeht", sagte er in seinem abendlichen Videobeitrag. Er sei allen Partnern dankbar, die ihre Zusagen pünktlich einhielten. Zudem arbeite seine Regierung bereits an neuen Paketen, die die Position der Ukraine im Herbst stärken könnten. Genaueres sagte Selenskyj dazu nicht.
Experten denken über weitere Kampfflugzeuge nach
Nach dem Eintreffen der ersten Kampfflugzeuge des Typs F-16 aus amerikanischer Produktion in der Ukraine spekulieren Experten bereits über weitere Flugzeugtypen. "Wenn wir schon davon reden, dass wir 128 Kampfflugzeuge benötigen, so müssen es nicht nur F-16 sein", sagte der Leiter der in Kiew ansässigen, auf militärische Themen spezialisierten Consulting-Firma "Defense Express", Valerij Rjabych. "Es könnten auch (französische) Mirage 2000/5 oder die (schwedische) Saab Gripen sein." Man sollte nichts definitiv ausschließen.
Die Ukraine werde definitiv weiter mit Kampfflugzeugen aus westlicher Produktion aufgerüstet. Mit der Zeit könnte die Luftwaffe der Ukraine auch mit Kampfjets der sogenannten fünften Generation wie der F-35 ausgerüstet werden. "Denn bei Flugzeugen geht es nicht um Taktik - es geht um Strategie", sagte Rjabych im Fernsehen. "Wenn wir also bereits F-16 erhalten haben, werden unsere Piloten auch andere westliche Flugzeuge beherrschen."
Präsident Selenskyj hatte am Sonntag die ersten F-16 in Diensten der ukrainischen Luftwaffe vorgestellt. Nach unterschiedlichen Medienberichten hat Kiew zunächst zwischen sechs und zehn der Kampfflugzeuge erhalten. Die Niederlande, Dänemark, Norwegen und Belgien haben der Ukraine insgesamt mehr als 60 dieser Kampfjets zugesagt. Die Bewaffnung und Ausrüstung der Maschinen soll aus den USA kommen. Piloten und Bodenpersonal wurden in den vergangenen Monaten im Westen ausgebildet.
Ukrainischer Geheimdienst enttarnt russische Agenten
Derweil hat der ukrainische Geheimdienst SBU nach eigenen Angaben ein russisches Agentennetz enttarnt und aus dem Verkehr gezogen. Über eine Chat-Seite auf der Plattform Telegram habe der russische Geheimdienst in sechs Regionen der Ukraine mögliche Mitarbeiter angeworben, teilte der SBU in Kiew mit. Diese sollten demnach Informationen über kritische Infrastruktur und militärische Ziele weiterleiten. Der SBU habe die Spione eine Zeit lang beobachtet und jetzt zugeschlagen.
Insgesamt seien neun Männer festgenommen worden - darunter zwei städtische Verwaltungsbeamte aus Dnipro und aus Juschne in der Region Odessa. Sie seien angeworben worden, weil sie als "Kommentatoren" in kremlfreundlichen Chats aktiv waren. Auch ihr Führungsoffizier des russischen Geheimdienstes FSB sei enttarnt worden, hieß es weiter. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Weiter schwere Kämpfe im Osten der Ukraine
Russische und ukrainische Truppen liefern sich im Osten der Ukraine weiter schwere Gefechte. Im Brennpunkt des Kampfgeschehens lag einmal mehr die Stadt Pokrowsk, wo russische Truppen seit Tagen unter schweren Verlusten versuchen, die ukrainischen Stellungen zu durchbrechen. Der regionale Krisenstab ordnete wegen der erhöhten Gefahrenstufe die Evakuierung von Kindern samt ihrer Familien aus über einem Dutzend bedrohter Dörfer an.
Nach Darstellung des Generalstabs in Kiew wurden auch wiederholte russische Angriffe aus Torezk gemeldet. Diese seien von Kampfflugzeugen unterstützt worden, die zehn Gleitbomben auf die Stadt abgeworfen hätten.
Am späten Abend wurde in mehreren Regionen der Ukraine Flug- und Raketenalarm ausgelöst. Bewohner der Hauptstadt Kiew berichteten von mehreren Explosionen, die möglicherweise auf einen Einsatz der Flugabwehr zurückzuführen waren.