3 months ago

"Fatales Signal": Mögliche Deckelung der Ukraine-Hilfe stößt auf scharfe Kritik – auch intern



Russland dürfte es freuen, wenn Deutschland der Ukraine den Geldhahn zudreht – sicher ist das jedoch noch nicht. Unmut gibt es jedenfalls nicht nur in der Union.

Das Vorgehen der Koalition bei der weiteren Finanzierung der Ukraine-Hilfen stößt auch in den eigenen Reihen auf Kritik. "Es ist ein fatales Signal der Bundesregierung in Richtung Ukraine, wenn in den künftigen Haushalten des Bundes keine weiteren Mittel für neue Militärhilfen eingeplant werden", mahnte der Vorsitzende des Bundestagsausschusses des Auswärtigen, der Sozialdemokrat Michael Roth, in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Ob es allerdings wirklich so weit kommt, ist noch unklar.

Worum es geht

Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte in einem Brief an Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) geschrieben, "neue Maßnahmen" dürften nur eingegangen werden, wenn in den Haushaltsplänen für dieses und die kommenden Jahre "eine Finanzierung gesichert ist". Zudem: "Bitte stellen Sie sicher, dass die Obergrenzen eingehalten werden."PAID Ukraine IV zu möglichem Frieden Buschanskij 6.22

Der Brief liegt der Deutschen Presse-Agentur und der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vor. Nach entsprechenden Berichten erklärte allerdings am Samstag das Finanzministerium, dass es weiter gesprächsbereit sei. Bedarfe müssten aber konkret gemeldet und nachvollziehbar sein – bislang liege keine Bedarfsmeldung vor. Grundsätzlich setzt die Bundesregierung darauf, dass die Ukraine künftig stärker mithilfe von Zinsen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen unterstützt werden kann.

Was Deutschland der Ukraine bereitstellt

Im laufenden Jahr sieht Deutschland für die militärische Unterstützung der Ukraine knapp 7,5 Milliarden Euro vor, für 2025 sind es vier Milliarden Euro. Darüber hinaus stehen in der aktuellen Haushaltsplanung keine weiteren Gelder bereit, wie die Nachrichtenagentur AFP erfuhr. Das Problem ist, dass laut Medienberichten das Geld bereits weitgehend verplant ist.

Die Planung der Bundesregierung sieht vor, dass die Ukraine-Hilfe über die vorgesehenen Summen hinaus aus einem neuen internationalen Topf mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro finanziert wird – und nicht mehr aus dem Bundeshaushalt. Dabei sollen – wie von der G7-Staatengruppe kürzlich vereinbart – Zinserträge eingefrorener russischer Vermögenswerte genutzt werden.Bodycam-Aufnahmen: So sehen russische Soldaten den Krieg in Kursk 12:17

Was Außenausschuss-Chef Roth kritisiert

Roth ist ein profilierter Befürworter starker Militärhilfe für die Ukraine, die den Abwehrkampf gegen Agressor Russland mit einem überraschenden Vormarsch in russische Grenzgebiete getragen hat. "Die ukrainische Armee ist erstmals seit Monaten wieder in der Offensive, das Land braucht nun den vollen Rückhalt seines wichtigsten militärischen Verbündeten in Europa, Deutschland. Stattdessen wirkt die Debatte über die künftige Finanzierung der Militärhilfen wie ein verkappter Rückzug Deutschlands aus der Verantwortung", kritisierte Roth. "Wir können unsere Sicherheit nicht von Haushaltszwängen abhängig machen." Die 50 Milliarden Dollar aus dem G7-Fonds, der sich auch aus den russischen Vermögen füllen soll, seien "bei Weitem nicht genug".

Wo die Union Fragezeichen setzt

Der Parlamentsgeschäftsführer der Union im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), setzte außerdem ein Fragezeichen hinter die Strategie, auf diese Mittel zu setzen. "Kein Mensch weiß, ob, wann und wie viel Geld hier tatsächlich zur Verfügung stehen könnte. Auch in der Bundesregierung weiß niemand, wann die internationalen Verhandlungen dazu abgeschlossen werden können. Das ist ein weiteres Kapitel aus der Erzählung 'Tarnen, Täuschen, Tricksen'", sagte Frei den Funke-Zeitungen.

Welchen Verdacht die Union hegt 

Der CDU-Außen- und Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter argumentierte, dass die Zinsen ohnehin der Ukraine zustünden. Das "bedeutet de facto, dass die Ukraine im Stich gelassen wird", sagte er dem "Tagesspiegel". Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warf er vor, auf die September-Wahlen in Ostdeutschland zu schielen, wo die Ukraine-Hilfen vielfach auf Ablehnung stoßen. "So handelt keine selbsternannte Führungsnation Europas."

Der CDU-Europapolitiker Christoph Ploß erklärte, dass es auch um die Verteidigung westlicher Werte gehe. "Wenn die Bundesregierung jetzt zögerlich und opportunistisch agiert, werden das nicht nur wir, sondern auch unsere Kinder und Enkelkinder bitter bezahlen müssen", sagte er dem "Spiegel".

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