9 hours ago

Crypto Wars: Französische Regierung will verschlüsselte private Kommunikation mitlesen



Das französische Parlament berät derzeit über ein Gesetz, das verschlüsselte Dienste wie Signal oder WhatsApp zu Hintertüren verpflichten würde. Internationale Bürgerrechtsorganisationen schlagen Alarm, der Messenger Signal droht mit seinem Rückzug aus Frankreich.

Illustration im Bauhaus-Stil zegit, wie zwei Hände an einem Schloss herumfingern.Griff nach der Verschlüsselung (Symbolbild) – Public Domain DALL-E-3 („a male hand reaches for a lock, bauhaus style reduced minimalist geometric shape“)

In Frankreich hat ein Gesetz gegen den Drogenhandel den Senat passiert und wird nun in Parlament und Ausschüssen weiter behandelt. Es enthält einen Artikel, der von verschlüsselten Diensten wie Signal, WhatsApp, Protonmail oder Matrix fordert, dass sie Ermittlungsbehörden Zugang zu den Nachrichten ihrer Nutzer:innen geben müssen. Bei Zuwiderhandlungen droht das Gesetz mit Strafen von bis zu 1,5 Millionen Euro für natürliche Personen oder zwei Prozent des Jahresumsatzes für Unternehmen oder Stiftungen. Um dem zu entgehen, müssten die Anbieter Hintertüren in ihre Software einbauen.

Zwischenzeitlich sah es im Parlament so aus als sei der fragliche Artikel vom Ausschuss gekippt worden, doch nun steht er wieder auf der Agenda. Laut der Digitalorganisation La Quadrature Du Net versuchen die Befürworter:innen des Gesetzes, die Gefahr herunterzuspielen, indem sie nicht von Hintertüren sprechen. Bei einer möglichen Überwachung der verschlüsselten Kommunikation sollen sogenannte Phantomteilnehmer unsichtbar an der Kommunikation teilnehmen. Das sei allerdings nichts anderes als eine Hintertür, sagt die Digitalorganisation und beschädige das Vertraulichkeitsversprechen der verschlüsselten Kommunikation.

La Quadrature wehrt sich auch gegen Zusätze im Gesetz, die vermeintlich datenschutzfreundlich die vertrauliche Kommunikation schützen sollen. Das sei „Betrug“, bei der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gäbe es keinen Kompromiss, denn das Prinzip sei, dass niemand außer den Beteiligten auf die Kommunikation zugreifen könne. Die Bürgerrechtsorganisation kritisiert auch weitere Punkte des Gesetzes, welche die Überwachung ausbauen und ruft dazu auf, die Abgeordneten zu kontaktieren.

 Finanziert durch euch! Journalismus mit Haltung. Garantiert nicht neutral. Nur möglich dank deiner Unterstützung. Spende jetzt.

Nationalversammlung soll Maßnahmen ablehnen

In einem offenen Brief vom 19. März (PDF) warnen mehr als 20 Nichtregierungsorganisationen vor der Schwächung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Zu den Unterzeichner:innen gehören Organisationen aus Deutschland, Irland, Dänemark und Norwegen.

Sie schreiben, jede Schwachstelle oder Hintertür, die in Frankreich eingebaut wird, werde früher oder später von böswilligen Akteuren auf der ganzen Welt ausgenutzt. „Die Sicherheit aller steht daher auf dem Spiel.“

Dieselben Maßnahmen seien bereits zuvor vom französischen Verfassungsrat (Conseil constitutionnel) für verfassungswidrig erklärt worden. Die Unterzeichnenden fordern deshalb von der französischen Nationalversammlung, sie solle den betreffenden Artikel sowie alle anderen Maßnahmen, die die Verschlüsselung brechen oder schwächen würden, ablehnen.

„Schlichtweg lächerlich“: Signal-Chefin droht mit Rückzug aus Frankreich

Die Präsidentin der gemeinnützigen Signal-Stiftung, Meredith Whittaker, bezeichnet die Argumente der Befürworter als „ermüdend“, „altbacken“ und „schlichtweg lächerlich“. In einem Post beim Twitter-Nachfolger X schrieb sie: „Wir dürfen keine Hintertür akzeptieren, egal wie sie verpackt ist.“ Signal würde sich eher aus Frankreich zurückziehen, als einem solchen Gesetz Folge zu leisten. Whittaker hoffe, dass „dieser schamlose und unehrliche Angriff“ auf Verschlüsselung scheitern werde.

Offener Widerstand wie der von Signal ist ein Indikator dafür, wie ernst ein Vorhaben ist, sichere Verschlüsselung zu brechen. Zuletzt war dies etwa beim britischen Online Safety Bill der Fall, der ebenso auf Ende-zu-Ende verschlüsselte Kommunikationsdienste abzielte.


Die Arbeit von netzpolitik.org finanziert sich zu fast 100% aus den Spenden unserer Leser:innen.
Werde Teil dieser einzigartigen Community und unterstütze auch Du unseren gemeinwohlorientierten, werbe- und trackingfreien Journalismus jetzt mit einer Spende.

Gesamten Artikel lesen





© Varient 2025. All rights are reserved