10 hours ago
Wie gehen wir künftig mit der Türkei um? Diese Frage muss Europa neu beantworten, sagt Christian Mölling. Mit Blick auf die Ukraine, aber auch auf die eigene Verteidigung.
Deutschland und seine EU-Partner täten gut daran, ihr Verhältnis zur Türkei zu überdenken und neu zu gestalten. Das sagt der Sicherheitsexperte Christian Mölling in der neuen Ausgabe des stern-Podcasts "Die Lage – International". "Die Türkei ist ein wichtiger Spieler in einer sonst sehr fragilen Region", so Mölling. Das gelte für den Mittelmeerraum und den Nahen Osten, aber auch für die Ukraine und die gesamte Schwarzmeer-Region.
Ankara habe Kiew früh mit Drohnen beliefert, das für die Ukraine wichtige Getreideabkommen mitverhandelt und den Zugang russischer Kriegsschiffe zum Schwarzen Meer blockiert. "Die Türkei spielt für die Ukraine von Kriegsbeginn an eine wichtige, teilweise konstruktive Rolle", sagt Mölling. Trotzdem sei Ankara in der westeuropäischen Wahrnehmung bis heute "ein völlig unterbewerteter Akteur". Mölling: "Sowohl mit Blick auf die Ukraine als auch auf die Verteidigung Europas stehen wir vor der Frage: Wie gehen wir mit der Türkei in Zukunft um?"
Robuster Dialog mit der Türkei
Der Sicherheitsexperte der Bertelsmann Stiftung plädiert für einen robusten Dialog mit Ankara. In der Ukraine mit der Türkei an einem Strang zu ziehen, müsse nicht bedeuten, dass europäische Kritik mit Blick auf Menschenrechte und mangelnde Rechtsstaatlichkeit in der Türkei unterbleibe. Aber: "Die Europäer werden sich dann sicher auch einiges aus Ankara anhören müssen." Auch angesichts der aktuellen Ereignisse rund um die Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters und Erdogan-Konkurrenten Ekrem Imamoglu gelte es, einen neuen Mittelweg im gegenseitigen Umgang zu finden.
Die Eskalation der Kämpfe zwischen der russischen und der ukrainischen Armee in den Tagen seit dem zweistündigen Telefonat Donald Trumps mit Wladimir Putin am vergangenen Dienstag bringt die US-Regierung aus Möllings Sicht in eine unkomfortable Lage. "Der Krieg geht einfach weiter", so Mölling. "Für die Trump-Administration wird es immer schwieriger, die Geschichte zu erzählen, warum jetzt alles positiv läuft."
