Stefan Seidler ist ein Unikat im Bundestag. Mit einem fast mikroskopisch kleinen Wahlergebnis schafft er es ins Parlament – schon zum zweiten Mal. Was dahinter steckt.
Sechs Parteien sind in den Grafiken der Fernsehsender zu sehen, wenn es um die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag geht. So ganz stimmt das allerdings nicht. Neben Union, AfD, SPD, Grünen und Linke ist nämlich noch eine siebte Partei im Parlament vertreten – obwohl sie weit von der Fünf-Prozent-Hürde entfernt ist.
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Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) stellt mit Stefan Seidler auch in der folgenden Legislaturperiode einen Abgeordneten. Seidler ist ein Einzelkämpfer, einziger Vertreter seiner Partei im Bundestag – und das schon seit 2021. Der SSW vertritt die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein und profitiert damit von einer Besonderheit im deutschen Wahlgesetz.
SSW holt erneut einen Sitz im Bundestag
Demnach sind Parteien nationaler Minderheiten von der Fünf-Prozent-Hürde befreit, schon eine geringe Anzahl von Stimmen reicht für einen Sitz im Bundestag. So reichen dem SSW 0,2 Prozent bei der diesjährigen Wahl, um erneut einen Abgeordneten nach Berlin zu entsenden. Vor vier Jahren war die Partei erstmals seit 60 Jahren wieder bei einer Bundestagswahl angetreten, Seidler wurde ins Parlament gewählt.
Dort sitzt der 45-Jährige allein zwischen den Fraktionen der Grünen und der SPD. Seidlers Mutter stammt aus Dänemark, er machte sein Abitur am dänischen Gymnasium in Flensburg und studierte dann im Nachbarland. Im Bundestag gehört er offiziell zu den fraktionslosen Abgeordneten. Als solcher darf er im Parlament relativ oft reden: 70 Mal trat er in der abgelaufenen Legislaturperiode ans Pult.
Stefan Seidler: "Jede Stimme ist vielleicht etwas mehr wert"
"Während andere in Berlin oft von den Vorgaben der großen Parteizentralen geleitet werden, kümmere ich mich um das, was bei uns zu Hause wirklich wichtig ist", betont Seidler. Er begreift sich als "unabhängig, klar und nur dem Norden verpflichtet". Besonders setzt er sich für die Themen Mobilität und Minderheitenschutz ein. Auch einen Gesetzesentwurf zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts hat der Flensburger zusammen mit den großen Fraktionen der Mitte eingebracht.
Aber was kann ein einzelner Abgeordneter im 630 Sitze großen Bundestag schon bewirken? Stefan Seidler will seine Rolle nicht unterschätzt sehen: Die Mehrheitsverhältnisse für eine Regierung werden knapp. Also heißt das: Jede Stimme ist vielleicht etwas mehr wert.
Im Gegensatz zu den Kollegen aus den Fraktionen müssen sich Seidler und seine Mitarbeiter um alles selbst kümmern. "Ich muss aber schon mehr laufen, die Strecken sind länger, und obendrein kommt hinzu, dass wir trotzdem diejenigen sind, die Informationen immer ganz am Schluss bekommen", erzählt er aus seinem Alltag in Berlin. Deshalb gilt in seiner täglichen Arbeit als Einzelkämpfer auch: Mut zur Lücke. "Wir können nicht alle Themen abdecken, sondern konzentrieren uns auf die Themen, die für uns als SSW wichtig sind", so Seidler.
Quellen: Die Bundeswahlleiterin, Deutscher Bundestag, Website von Stefan Seidler