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Meinung: Frustriert vom Wahlergebnis? Diese fünf Punkte stimmen positiv



Sie sind kein Fan von Friedrich Merz und entsetzt über die AfD? Trotzdem: An dieser Bundestagswahl ist nicht alles schlecht. Diese fünf Punkte machen Hoffnung. 

Es gibt gute Gründe, auf das Ergebnis dieser Bundestagswahl mit Schaudern zu blicken. Mehr als jede fünfte Stimme ging an eine Partei, in der sich Rechtsextreme, Fremdenfeinde und Demokratieverächter tummeln – und die mit Macht an der Spaltung dieser Gesellschaft arbeitet. Das macht vielen Menschen zu Recht Angst. 

Auch dass Friedrich Merz auf einer hart rechten Welle zum Wahlsieg gesegelt ist, verursacht vielen Bürgern Bauchschmerzen, wie die Demonstrationen der letzten Wochen gezeigt haben. Trotzdem ist die Bundestagswahl kein Grund, jetzt in eine vierjährige Depression zu verfallen. Wenn man mal einen Schritt zurücktritt, um dieses Wahlergebnis zu betrachten, gibt es sogar ein paar außerordentlich positive Punkte.

1. Die hohe Wahlbeteiligung

82,5 Prozent der Wahlberechtigten haben ihre Stimme abgegeben, mehr als jemals zuvor im wiedervereinigten Deutschland. Das ist nicht selbstverständlich. Wer den Glauben an die Demokratie verloren hat, wer der Meinung ist, dass sowieso alles vor die Hunde geht, der braucht nicht vom Sofa aufzustehen und zur Wahlurne zu schlurfen. Die Wahlbeteiligung zeigt: Die Menschen in diesem Land sind überzeugt, dass ihre Stimme wichtig ist und sie damit etwas bewirken können. Das ist eine gute Nachricht für die Demokratie.

2. Verlierer, die ihre Niederlage einsehen

Eigentlich sollte es unter Demokraten selbstverständlich sein: Wer die Wahl verloren hat, hat seine Niederlage anzuerkennen und sich vom Feld zu schleichen. Doch in diesen Trump’schen Zeiten ist gar nichts mehr selbstverständlich. Daher dürfen wir uns durchaus darüber freuen, dass unsere Demokratie offenbar noch zu einer geordneten Übergabe der Macht in der Lage ist. Der amtierende Kanzler Olaf Scholz hat seine Niederlage eingestanden, er hat dem politischen Gegner respektvoll gratuliert und persönlich die Konsequenz gezogen, dass er der neuen Regierung auch bei einer SPD-Beteiligung nicht angehören wird. 

Auch der zweite große Verlierer, Christian Lindner, hat mit seiner Rücktrittsankündigung die richtige Konsequenz aus dem FDP-Debakel gezogen. Und Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck hat ebenfalls angedeutet, sich in die zweite Reihe zurückziehen zu wollen. Nur das BSW überlegt nach dem hauchdünnen Scheitern noch, ob es die Wahl anerkennt, will dabei aber den juristischen Weg bestreiten und keinen Sturm auf den Reichstag ausrufen.

3. Die FDP ist raus

Dass die FDP den Sprung in den Bundestag nicht geschafft hat, ist eine gute Sache. Nicht falsch verstehen: Natürlich kann eine liberale Stimme im Parlament wertvoll sein, das hat die bundesdeutsche Historie bewiesen. Aber: Die FDP unter Christian Lindner war diese Stimme zuletzt nur noch für sehr wenige Menschen. Eine Partei mit so wenig Unterstützung in der Bevölkerung sollte nicht Teil der Regierung sein und dort ihr eigenes Süppchen kochen. Wenn sich die FDP nun mit 5 Prozent gerade so in den Bundestag geschleppt hätte, hätte eine große Wahrscheinlichkeit bestanden, dass sie erneut Teil der Regierung wird. Schlicht aus dem Grund, weil die Union einen weiteren Koalitionspartner für die Mehrheit gebraucht hätte. Gut, dass es nicht so gekommen ist.

4. Alice Weidel bettelt vergeblich

Die AfD hat zwar die meisten Stimmen hinzugewonnen, ist aber dennoch nicht die Wahlgewinnerin. Weil niemand mit ihr koalieren will, fehlt jegliche Machtoption. Da kann AfD-Chefin Alice Weidel ("Unsere Hand ist ausgestreckt") noch so flehentlich Richtung Friedrich Merz winken. Der hat klargemacht, dass er mit den Rechten nicht regieren wird. Wer dermaßen unmöglich ist, muss eben weiter vom Seitenrand zuschauen. So bleiben vier weitere Jahre, um die Wählerinnen und Wähler zu überzeugen, dass sie die Zukunft dieses Landes nicht in die Hände der AfD legen sollten. 

5. Eine stabile Regierung

So wie es aussieht, wird es wohl auf eine Regierung aus Union und SPD hinauslaufen. Nicht schon wieder, mögen manche stöhnen, die sich an die bleierne GroKo-Zeit zurückerinnern. Tatsächlich war Schwarz-Rot in Umfragen vor dieser Wahl aber die beliebteste Koalitionsoption. Sie würde den Wählerwillen damit am besten widerspiegeln. Zudem wäre eine Regierung aus nur zwei Partnern potenziell deutlich stabiler als ein Drei-Parteien-Modell, wie das soeben gescheiterte. 

So heftig sich Union und Sozialdemokraten zuletzt auf öffentlichen Bühnen gezofft haben, sind sie doch geübt darin, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Dass Deutschlands Zukunft in Wahrheit nicht davon abhängt, wie viele Asylsuchende er abschiebt, dürfte Friedrich Merz insgeheim selbst wissen. Und bei grundlegenden Werten sprechen die beiden potenziellen Koalitionspartner zumindest die gleiche Sprache. Beide wollen ein starkes Europa und verfolgen die gleichen Ziele in der Sicherheits- und Außenpolitik. Keine der beiden Seiten leugnet den Klimawandel, will die D-Mark wieder einführen oder vertritt andere krude Extrempositionen. Das ist doch schon mal was.

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