Der Bundestag soll schrumpfen. Für dieses hehre Ziel müssen 23 Politiker nun büßen. Sie haben den eigenen Wahlkreis erobert und kommen doch nicht ins Parlament.
Gekämpft, gewonnen und doch kein Platz im Bundestag. 23 Politiker mussten ganz tapfer sein. Sie haben plakatiert, sich am Wahlstand die Füße platt gestanden, schließlich ihren Wahlkreis erobert und gehen bei der Sitzverteilung im Bundestag leer aus. Das ist neu. Traditionell wurden alle Wahlkreissieger mit einem Direktmandat belohnt. Doch nun greift die Wahlrechtsreform zum ersten Mal. Demnach ziehen nicht mehr alle siegreichen Wahlkreis–Kandidaten automatisch in den Bundestag ein.
Wieso? In Deutschland ist das Verhältniswahlrecht das höchste Gebot. Die Zahl der Abgeordnete soll möglichst mit dem Prozentsatz der erhaltenen Stimmen übereinstimmen. Nun kann eine Partei in einem Bundesland mehr Wahlkreise erobern, als sie an Prozenten holt. Das waren die sogenannten Überhangmandate. Rechtlich in mehrerer Hinsicht problematisch. Die entsprechende Partei kassiert mehr Mandate, aber auch das Bundesland wird übervertreten. Die Verzerrung zugunsten der Partei konnte man durch zusätzliche Sitze kompensieren. Zu den Überhangmandaten kamen noch die Ausgleichsmandate. Das Problem spitzte sich durch die Veränderung der Parteienlandschaft zu. Der aktuelle Bundestag schwoll auf 733 Abgeordnete an. Die Regelgröße lag eigentlich bei 598 Abgeordneten.
Diät für den Bundestag
Jetzt wird abgespeckt, in Zukunft sind es nur noch 630. Die Ampel hat mit der Reform die Notbremse gezogen. Gibt es jedoch mehr Wahlkreisgewinner, als der Partei Sitze zustehen, geht es nach der Reihenfolge. Nur die Gewinner mit den besten Erststimmenergebnissen bekommen ein Direktmandat, solange der Partei durch das prozentuale Abschneiden Sitze zustehen. Sind die aufgebraucht, bleiben die Gewinner unberücksichtigt. Im Prinzip ist das Aus für die Überhang – und Ausgleichsmandate richtig. Im Einzelfall tragisch: 23 Wahlkreissieger bleiben 2025 außen vor. 18 Wahlkreisgewinner der Union kommen nicht ins Parlament, davon 15 von der CDU und drei von der CSU. Außerdem gehen vier AfD- und ein SPD-Sieger leer aus.
Die 23 Pechvögel der Bundestagswahl
Moritz Oppelt (CDU) – Wahlkreis Rhein–Neckar/Baden–Württemberg – 34,4 Prozent
Stefan Glaser (CDU) – Wahlkreis Lörrach–Müllheim/Baden–Württemberg – 33,2 Prozent
Christoph Naser (CDU) – Wahlkreis Tübingen/Baden–Württemberg – 31,7 Prozent
Volker Ullrich (CSU) – Wahlkreis Augsburg–Stadt/Bayern – 31,1 Prozent
Andreas Galau (AfD) – Wahlkreis Oberhavel–Havelland II/Brandenburg– 30,8 Prozent
Dominik Sienkiewicz (CDU) – Wahlkreis Trier/Rheinland–Pfalz – 30,8 Prozent
Alexander Raue (AfD) – Wahlkreis Halle/Sachsen–Anhalt – 30,6 Prozent
Claudia Küng (CSU) – Wahlkreis München–Süd/Bayern – 30,4 Prozent
Maximilian Mörseburg (CDU) – Wahlkreis Stuttgart II/Baden–Württemberg – 30,4 Prozent
Marcus Kretschmann (CDU) – Wahlkreis Groß–Gerau/Hessen – 30,3 Prozent
Sebastian Brehm (CSU) – Wahlkreis Nürnberg–Nord/Bayern – 30,2 Prozent
Anna-Maria Bischof (CDU) – Wahlkreis Schwalm–Eder/Hessen – 30,1 Prozent
Alexander Föhr (CDU) – Wahlkreis Heidelberg/Baden–Württemberg – 29,2 Prozent
Leopold Born (CDU) – Wahlkreis Frankfurt am Main II/Hessen – 27,4 Prozent
Ursula Groden–Kranich (CDU) – Wahlkreis Mainz/Rheinland–Pfalz – 27,3 Prozent
Sertaç Bilgin (CDU) – Wahlkreis Ludwigshafen–Frankenthal/Rheinland–Pfalz – 27,1 Prozent
Steffi Burmeister (AfD) – Wahlkreis Rostock–Landkreis Rostock II/Mecklenburg–Vorpommern – 26,8 Prozent
Astrid Mannes (CDU) – Wahlkreis Darmstadt/Hessen – 26,7 Prozent
Petra Nicolaisen (CDU) – Wahlkreis Flensburg–Schleswig/Schleswig–Holstein – 26,5 Prozent
Yannick Schwander (CDU) – Wahlkreis Frankfurt am Main I/Hessen – 26,0 Prozent
Ulrike Hiller (SPD) – Wahlkreis Bremen I/Bremen – 25,2 Prozent
Christian Kriegel (AfD) – Wahlkreis Leipzig I/Sachsen – 25,0 Prozent
Melis Sekmen (CDU) – Mannheim/Baden–Württemberg – 24,7 Prozent
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