Porträt
Sie ist die erste Frau an der Spitze einer deutschen Privatbank. Bettina Orlopp wird mitten im Übernahmekampf neue Chefin der Commerzbank. Was zeichnet die Managerin aus?
In den Sozialen Medien gab es viele Likes, als die Commerzbank mit Bettina Orlopp ihre neue Chefin präsentierte. Sie soll den bisherigen Bankenchef Manfred Knof Ende des Monats ablösen. Gerade die Commerzbank-Mitarbeiter zeigten sich begeistert.
Für ihn gehe damit ein Herzenswunsch in Erfüllung, sagt beispielsweise Sascha Übel, stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats: "Selten habe ich jemand erlebt, der so tiefe Kenntnisse über jeden Raum des Maschinenbaus in der Commerzbank hat." Übel hat mit Orlopp bereits eng zusammengearbeitet, sie sei fleißig und stets akribisch vorbereitet, hätte auf jede Frage eine Antwort.
"Harte und faire Verhandlungspartnerin"
So viel Lob ist erstaunlich, bedenkt man, dass die 54-Jährige als jahrelange Finanzvorständin den rigorosen Sparkurs der Bank mitzuverantworten hat. Bei Pressekonferenzen erklärte sie - oft im Fachjargon - Details zu Stellenstreichungen und anderen Sparmaßnahmen: "Wir werden alles tun, um betriebsbedingte Beendigungskündigungen so weit wie möglich zu vermeiden, ob dies gelingen wird, können wir nicht garantieren."
Dieser Sparkurs trägt nun erste Früchte, die Bank ist so profitabel wie lange nicht. Das sei eben auch der Verdienst von Bettina Orlopp, sagt Arbeitnehmervertreter Übel: "Sie war als Finanzchefin immer eine harte und faire Verhandlungspartnerin und hat einen sehr großen Anteil an der Auferstehung der Commerzbank gehabt, sie ist die Heldin, die wir gerade dringend brauchen."
Seit zehn Jahren bei der Commerzbank
Sie selbst zeigt sich dabei bescheiden und geduldig. Schon einmal bewarb sich Orlopp für den Chefposten, ging aber in einer ersten Runde leer aus. Die Managerin bezeichnet sich als treue Seele - seit zehn Jahren ist Bettina Orlopp bereits bei der Commerzbank, davon sieben Jahre lang im Vorstand.
Das alles habe ihr auf dem Weg an die Spitze geholfen, sagt Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance and Management: "Es ist natürlich immer etwas einfacher, wenn man im Hause bekannt ist, wenn man die Bank kennt, Erfahrung hat, auch das schafft natürlich Vertrauen."
Dazu hilft Bettina Orlopp ihr sympathisches Auftreten. In Gesprächen wirkt sie stets sehr offen und zugewandt. Ein weiterer Pluspunkt: Sie nach 150 Jahren die erste Frau an der Spitze der Commerzbank. "Insgesamt im deutschen Bankensektor, im privatwirtschaftlichen Umfeld, ist das meines Erachtens eine Premiere", meint Volker Brühl, Geschäftsführer vom Center for Financial Studies. Bei den Genossenschaftsbanken und Sparkassen habe es dagegen bereits die ersten Chefinnen gegeben.
Sofort im Krisenmodus
Als künftige Chefin der Commerzbank hat Orlopp bereits erste Akzente gesetzt. Die Bank solle profitabler werden, dabei eigenständig bleiben und nicht einfach so von der Unicredit übernommen werden, sagt sie in einer virtuellen Pressekonferenz: "Unser Hauptziel ist es, den Wert, das Geschäftsmodell und die Marke Commerzbank zu schützen. Auch wenn jetzt die Idee einer verrückten Übernahme im Raum steht, eines schnellen Ausverkaufs - bei so etwas machen wir nicht mit."
Trotzdem führt Orlopp nun erste Gespräche mit der UniCredit, auch gedrängt durch einen Großinvestor der Commerzbank. Superheldin oder Getriebene? Welche Rolle die künftige Commerzbank-Chefin in dem Übernahme-Poker spielt, muss sich erst noch zeigen.