Ein vereinbartes Gespräch von CDU-Chef Merz und Kanzler Scholz wird zum Krisentreffen nach dem Terroranschlag von Solingen. Der Oppositionsführer drängt den Regierungschef zum gemeinsamen Handeln für einen Kurswechsel in der Migrationspolitik - gegen die Ampel-Partner.
CDU-Chef Friedrich Merz hat Kanzler Olaf Scholz ein gemeinsames Vorgehen zur deutlichen Eindämmung der irregulären Migration angeboten - und damit zu einem Koalitionsbruch beim Thema aufgefordert. Die Union wolle das gemeinsam mit der Koalition oder den Teilen der Koalition, die guten Willens seien, lösen, sagte der Oppositionsführer nach einem Gespräch mit Scholz in Berlin. Dies könnten auch Sozialdemokraten und Christdemokraten allein umsetzen, ohne Rücksicht auf Grüne und FDP als Regierungspartner Rücksicht nehmen zu müssen. Denn beide Fraktionen verfügen im Bundestag über eine eigene Mehrheit.
Merz betonte, dies sei "ausdrücklich nicht die Bitte um Aufnahme in eine Koalition". Vielmehr kämen seine "Vorschläge aus tiefster Sorge um unser Land". Er habe den Eindruck, "dem Bundeskanzler entgleitet das eigene Land, das Vertrauen". Die Bürger erwarteten zu Recht, dass die Politik, besonders Scholz und er, Probleme lösten, statt sie nur zu beschreiben. Es müsse erreicht werden, dass "dieser anhaltende illegale Zustrom von Migranten nach Deutschland signifikant kleiner wird". Er wisse, dass CDU/CSU nicht unschuldig daran seien, dass die irreguläre Migration in Deutschland aus dem Ruder gelaufen sei.
"Nationale Notlage"
Merz forderte, Asylsuchende bereits an den deutschen Grenzen zurückzuweisen. Aus seiner Sicht sei dies rechtlich möglich, weil die Betroffenen alle bereits mindestens ein sicheres Herkunftsland durchquert hätten, also nach den EU-Regeln "schon mindestens ein Land zu weit gereist" seien. Sollte es aber doch Probleme mit dem EU-Recht geben, müsse dieses entweder geändert oder eine "nationale Notlage" im Sinne der EU-Verträge erklärt werden.
Konkret habe er Scholz angeboten, eine rasche Abstimmung im Bundestag über dringende Gesetzesänderungen freizugeben. Zuvor solle je eine Person für die Seite der Regierung und für die Union entsprechende Rechtsbereiche benennen, in denen man schnell etwas ändern könne. Merz verwies etwa auf das Aufenthaltsgesetz, das Asylbewerberleistungsgesetz und das Bundespolizeigesetz. Für die Union benannte er als Verhandlungsführer den Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktion, Thorsten Frei.
Merz rechnet mit einer Zusage von Scholz zu einer Zusammenarbeit. Der Bundeskanzler sollte und werde nach seiner Einschätzung dieses Angebot nicht ausschlagen, sagte er. "Das ist das Angebot der Opposition an die Regierung oder jedenfalls an Teile der Regierung, die guten Willens sind, hier zu einer Zusammenarbeit zu kommen." Wichtig wäre es, dass es in der ersten Sitzungswoche des Bundestages - in der Woche vom 9. September an - eine Verabredung gebe, um erste Entscheidungen zu treffen.
Merz sagte, das Treffen mit Scholz sei bereits seit Längerem vereinbart gewesen. Nach dem Terroranschlag von Solingen mit drei Toten und acht Verletzten habe es sich aber nur um das Thema Migration gehandelt. Merz sprach von einem guten Gespräch, in dem auch er "viel zuhören" musste.