12 hours ago

Ukraine-Gipfel in London: Starmer und Macron schlagen einmonatige Waffenruhe vor



Nach dem Eklat mit Donald Trump im Weißen Haus sind die Verbündeten der Ukraine in London zu einem Krisentreffen zusammengekommen. Nun gibt es ein Ergebnis.

Nach den Beratungen zur Lage der Ukraine in London schlagen der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer eine einmonatige Waffenruhe für die Ukraine vor. Die Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine sollte "in der Luft, auf den Meeren und bei der Energieinfrastruktur" gelten, sagte Macron am Sonntag der Zeitung "Le Figaro".

Starmer hatte zuvor nach einem europäischen Krisengipfel in London angekündigt, Großbritannien, Frankreich sowie eine Reihe anderer Länder wollten mit der Ukraine an einem Waffenruhe-Plan arbeiten.

Der Vorteil einer solchen Waffenruhe sei, dass "man sie messen kann", da die Front extrem lang sei – "das Äquivalent der Strecke Paris-Budapest", sagte der französische Präsident.

USA fordern von der Ukraine territoriale Zugeständnisse

Angesichts der Hinwendung der US-Regierung zu Russland hatte Starmer zuvor in London gesagt, Europa müsse jetzt die Initiative ergreifen und einen "neuen Plan für einen gerechten und dauerhaften Frieden" in der Ukraine erarbeiten. Der Waffenruhe-Plan solle im Anschluss den USA vorgestellt werden.

Laut Macron sollten die Europäer ihre Verteidigungsausgaben auf zwischen drei und 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöhen. US-Präsident Donald Trump fordert von den Nato-Mitgliedstaaten, die Quote für Verteidigungsausgaben von aktuell zwei auf fünf Prozent des BIP zu erhöhen.

Trumps Sicherheitsberater forderte unterdessen, dass die Ukraine für einen Frieden mit Russland territoriale Zugeständnisse machen müsse. "Dieser Krieg muss beendet werden, und dazu sind territoriale Zugeständnisse erforderlich", sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, Mike Waltz, beim Sender CNN. Dies werde wiederum russische Zugeständnisse bei den Sicherheitsgarantien für die Ukraine erfordern.

Diese Garantien müssten federführend von den europäischen Verbündeten geleistet werden, erklärte Waltz. Über die Art der amerikanischen Unterstützung müsse verhandelt werden. Gleichzeitig bekräftigte er erneut, dass die US-Regierung die Ukraine künftig nicht als Mitglied der Nato sehe.

Selenskyj würde Rohstoffabkommen mit den USA weiterhin unterzeichnen

Die Ukraine verteidigt sich mittlerweile seit drei Jahren nach dem russischen Überfall gegen die russische Armee.

Präsident Wolodymyr Selenskyj geht davon aus, dass er seine Beziehung zu US-Präsident Donald Trump nach dem Eklat im Weißen Haus retten kann. Die Gespräche müssten allerdings in einem anderen Format fortgesetzt werden, sagt Selenskyj zu Reportern. Er glaube nicht, dass die USA ihre Hilfe für die Ukraine einstellen würden, weil dies dem russischen Präsidenten Wladimir Putin helfe.

Selenskyj sei nach wie vor bereit, das Mineralienabkommen mit den USA zu unterzeichnen. Er denke, dass die USA dazu ebenfalls bereit seien.

Großbritannien und Frankreich hatten bereits mehrfach ihre Bereitschaft signalisiert, Soldaten für eine Friedenstruppe bereitzustellen. Auf die Frage, welchen Beitrag Deutschland leisten werde, äußerte sich Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz nach den Beratungen ausweichend. Die Ukraine müsse militärisch so stark werden, dass sie nicht erneut angegriffen werde, sagte der SPD-Politiker. "Das wird für die Zukunft von zentraler Bedeutung sein."

Ursula von der Leyen: "Müssen Europa dringend aufrüsten"

Starmer warnte eindringlich, Europa stünde "an einem Scheideweg" der Geschichte. Es sei an der Zeit zu handeln, Verantwortung zu übernehmen und Führung zu zeigen. Zugleich betonte der Premier die Bedeutung, weiterhin den Rückhalt der USA zu haben. Selenskyj war von Starmer in London herzlich empfangen worden. Der Ukrainer traf auch den britischen König Charles III.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mahnte eine Stärkung militärischer Kapazitäten in der EU an. "Wir müssen Europa dringend aufrüsten", sagte von der Leyen. Deshalb wolle sie den Staats- und Regierungschefs bei einem Sondergipfel am Donnerstag in Brüssel einen umfassenden Plan für die Wiederaufrüstung Europas vorlegen.

Auf die Frage nach ihrer Botschaft an die USA antwortete von der Leyen: "Wir sind bereit, gemeinsam mit ihnen die Demokratie und den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen, dass man nicht einmarschieren und seinen Nachbarn schikanieren oder Grenzen mit Gewalt verändern kann." Es liege im gemeinsamen Interesse, künftige Kriege zu verhindern, dass man deutlich mache, dass diese Regeln zählen und die Demokratien gemeinsam dafür eintreten würden.

Scholz rief dazu auf, Russlands Perspektive nicht zu akzeptieren. "Es ging Russland immer darum, in der Ukraine eine Regierung zu etablieren, die nach russischer Pfeife tanzt, das kann nicht akzeptiert werden", sagte Scholz. Die Ukraine sei ein europäisches Land, das sich entschieden habe, in die Europäische Union zu wollen und sei eine demokratische und souveräne Nation. "Dabei muss es bleiben", sagte Scholz. 

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die über gute Kontakte ins Trump-Lager verfügt, mahnte nach dem Treffen zum Zusammenhalt. "Wir müssen in dieser Phase tapfer sein, um den Westen nicht zu spalten. Denn das wäre fatal für alle."

Die Briten übernehmen die Führung bei den Friedensplänen für die Ukraine

Das Spitzentreffen im Lancaster House war zunächst nur als eines von mehreren zum Ukraine-Krieg geplant. Doch durch den Eklat in Washington am Freitag wurde die Lage besonders brisant. Trump und sein Vize J.D. Vance hatten Selenskyj vor der Weltöffentlichkeit scharf zurechtgewiesen und mit schweren Vorwürfen überzogen. Die Gespräche wurden abgebrochen, Selenskyj verließ das Weiße Haus vorzeitig.

"Das will niemand sehen", sagte Starmer zu den Bildern aus den USA. Deswegen habe er den Hörer in die Hand genommen und mit den Beteiligten gesprochen. "Mein Antrieb war, dies gewissermaßen zu überbrücken und uns wieder auf den zentralen Fokus zurückzuführen", sagte Starmer.

Der Premier will konkrete Sicherheitsgarantien für die Ukraine auf den Weg bringen. Ein mögliches Waffenstillstandsabkommen dürfe kein Papiertiger sein, sondern müsse notfalls militärisch gewährleistet werden können. "Wir werden weiter eine Koalition der Willigen entwickeln, um ein Abkommen in der Ukraine zu verteidigen und den Frieden zu garantieren", sagte Starmer. "Nicht jede Nation wird sich in der Lage fühlen, dazu beizutragen, aber das darf nicht bedeuten, dass wir uns zurücklehnen."

Zu einer Zusage für Sicherheitsgarantien hatte sich Trump bislang trotz aller Charmeoffensiven Starmers und des französischen Präsidenten Emmanuel Macron bei Besuchen in Washington nicht bewegen lassen. Stattdessen erklärte Trump mehrfach, ein geplanter Rohstoffdeal mit der Ukraine würde dazu führen, dass die USA in der Ukraine vor Ort sein würden, aber nicht militärisch. Das sei genug an Sicherheitsgarantie. Durch den Eklat kam der Deal nicht zustande.

"Wir stimmen mit dem Präsidenten überein, dass es einen dringenden Bedarf für einen dauerhaften Frieden gibt. Jetzt müssen wir gemeinsam handeln", sagte Starmer. Trump meldete sich am Wochenende nicht mehr zur Ukraine-Frage zu Wort, er war nach dem Schlagabtausch mit Selenskyj noch am Freitag nach Florida geflogen.

Großbritannien gewährt Ukraine Kredit über 2,74 Milliarden Euro

Die Ukraine wehrt sich inzwischen seit drei Jahren mit westlicher Unterstützung gegen einen vom russischen Präsidenten Wladimir Putin befohlenen Angriffskrieg.

Starmer, der bereits kurz nach dem Vorfall mit Trump und Selenskyj telefoniert hatte, bereitete dem ukrainischen Präsidenten am Samstag hingegen einen herzlichen Empfang an seinem Amtssitz in der Downing Street. Ein kleiner diplomatischer Coup gelang Selenskyj zudem mit einer Einladung zur Audienz bei König Charles III. vor Beginn der Konferenz.

Pünktlich zum Treffen wurde ferner ein Vertrag für ein britisches Darlehen zugunsten der Ukraine in Höhe von umgerechnet 2,74 Milliarden Euro unterzeichnet. Das Geld soll bei der Verteidigung gegen den Angriff Russlands helfen, in die ukrainische Waffenproduktion fließen und mit Erträgen aus eingefrorenem russischen Vermögen zurückgezahlt werden, wie Selenskyj erklärte. "Das ist wahre Gerechtigkeit – derjenige, der den Krieg begonnen hat, muss auch dafür bezahlen" schrieb er auf X.

Hinweis: Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert und um weitere Informationen ergänzt.

Gesamten Artikel lesen





© Varient 2025. All rights are reserved