4 hours ago

Tiefe Seitenscheitel und Panda-Augen: Emo-Style: Was genau hat uns eigentlich damals geritten?



Dunkles Augen-Make-up, schräge Outfits, Skinny Jeans und Nietengürtel: Die Emo-Zeit von etwa 2008 bis 2011 war ein sehr spezielles Phänomen in der Geschichte der Jugendkulturen.

Oh wow, die Emo-Phase. Ja, Trends und Subkulturen gab es schon immer, aber kaum etwas kam mit so einer Konsequenz daher wie diese Zeit von circa 2008 bis 2011, in der wir uns die Haare schwarz färbten und beeindruckende Seitenscheitel kultivierten, uns in die engstmöglichen Skinny Jeans quetschten und Nietengürtel zu absolut allem trugen. Das Ganze wurde dann natürlich kunstvoll mit der kleinen, rosa Canon-Kamera festgehalten und später bei Tumblr und StudiVZ gepostet. 

Wer sich den eigenwilligen Emo-Style zu eigen machte, durfte sich von da an jede Menge schlechter Witze anhören. Denn in den Augen der Außenstehenden weinten "Emos" die ganze Zeit, waren extrem sensibel und neigten zudem zu (Achtung: Triggerwarnung) Selbstverletzungen. Für die meisten war die Emo-Phase aber schlicht Teil ihrer Jugend und sie verbinden sie viel eher mit Feiern und Freundschaft als mit Traurigkeit. So offen wir unsere Teenage Angst vor uns her trugen – wohl auch eine Folge der Wirtschaftskrise von 2006/07, die fundamental unseren Glauben an den Lebensstil unserer nun plötzlich oft arbeitslosen Eltern erschütterte – so ausgelassen tanzten wir auf Partys zu Billy Talent. 

Emo-Style: Einzigartig und aufwändig

Man muss anerkennen, dass vermutlich keine Jugendbewegung seit den New-Wavern und Goths der 1980er so viel Aufwand für ihren Look betrieb wie die Emo-Szene. Einflüsse kamen dann auch oft aus der Goth-Kultur, aber auch aus der Skater-Mode, dem Punk und aus dem Rockabilly. Dazu fanden sich Elemente des japanischen Kawaii-Trends. Eine wilde Mischung.

Der Körper wurde zum Kunstwerk, man selbst zum Protagonisten kunstvoll arrangierter Fotos in persönlichen Blogs. Denn der Siegeszug der Digitalkameras machte erstmals das eigene Leben (und Aussehen) unkompliziert festhaltbar. Das würde auch alle folgenden Generationen beeinflussen – aber die "Emos" schlitterten quasi direkt in eine Welt aus Selfies, Social Media und Duck Faces.

Und so lächerlich man als Außenstehender die aufwändigen, oft androgynen Looks finden konnte – die Art und Weise, wie in Emo-Kreisen über Gefühle, Traurigkeit und auch psychische Probleme gesprochen werden konnte, ebnete den Weg dafür, dass wir heute endlich einigermaßen offen über Leiden wie Depressionen oder bipolare Störungen sprechen können. Das war zuvor lange stigmatisiert.

Emo-Musik war überraschend vielseitig

Und dann ist da natürlich die Musik. Die Emo-Phase bescherte uns Bands wie The Used, My Chemical Romance, Silverstein, Fall Out Boy und Panic! At The Disco. Aber auch sanftere Klänge, man denke an Bright Eyes, Death Cab For Cutie, Patrick Wolf oder Paramore. Und, zieht man den Kreis etwas weiter, waren da ja auch noch Tokio Hotel. War nicht Bill Kaulitz vielleicht sogar der erste prominente, deutsche Emo-Boy?

In gewisser Weise läutete die Emo-Phase also wirklich das 21. Jahrhundert ein: Für keine andere Subkultur zuvor waren das Internet und die neu verfügbaren technischen Möglichkeiten derart prägend.

Gesamten Artikel lesen





© Varient 2025. All rights are reserved