Ob beim Meeting, im Café oder am Schreibtisch: Viele Menschen haben das Smartphone stets in Sichtweite. Dabei hat das nachgewiesene Nachteile. Die Lösung ist denkbar einfach.
Für viele Menschen ist es schlicht Gewohnheit: Setzt man sich an den Tisch, legt man das Smartphone vor sich. Oder neben sich auf die Couch, wenn man in den Feierabend geht. Oder an den Badewannenrand. Oder auf den Nachttisch. Aktuelle Studien zeigen allerdings, dass das alles keine guten Ideen sind. Vieles spricht dafür, das Smartphone auch mal weiter von sich entfernt zu platzieren.
Dabei geht es gar nicht um die offensichtlichen Gründe. Denn natürlich ist ein Smartphone in der Hand immer einer Ablenkung. Selbst, wenn man nur mal schnell eine Nachricht checkt, kommt man dadurch schließlich aus dem Gespräch, oder aus dem Arbeitsfluss. Auch wenn es mittlerweile normal ist, während eines Treffens kurz auf das Smartphone zu schauen, empfindet das Gegenüber dies nachvollziehbarerweise oft als unhöflich. Tatsächlich zeigen Studien allerdings, dass die Wirkung dieses kleinen Geräts auf uns noch viel größer ist. Und das Handy uns sogar ablenkt, wenn es einfach nur in unserer Nähe ist.
Smartphones verhindern Nähe
Die Auswirkungen von Smartphones auf das Sozialleben zeigte eine Studie der Universität von Essex bereits im Jahr 2012 auf. In einem Experiment hatten die Forschenden jeweils zwei sich unbekannte Personen in eine Gesprächssituation gebracht. Bei einem Teil der Gespräche lagen ein Handy oder ein kleines Notebook auf dem Tisch. Der Effekt verblüfft: Schon die reine Anwesenheit des Geräts im Raum beeinflusste die Wahrnehmung des Gesprächs.
Als die Probanden im Nachhinein gefragt wurden, ob sie sich vorstellen könnten, mit der anderen Person enger befreundet zu sein, bejahten das eher Gesprächspartner, die ein persönliches Gespräch geführt hatten, statt auf Smalltalk zu setzen. Das galt aber nicht für alle Gespräche: Sobald man auf den Tisch ein Handy legte, kamen sich auch die Personen nicht näher, die sich über tiefgehende Themen unterhalten hatten. Der Schluss der Forscher: Schon in der Nähe liegend, verhindert ein Handy, dass zwischen Menschen echte Nähe entsteht.
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Ablenkung trotz schwarzem Bildschirm
Der Effekt betrifft nicht nur persönliche Beziehungen. "Die Entwicklung hin zu einer fortwährenden Präsenz des Smartphones hat negative Konsequenzen für die Aufmerksamkeit", erklärt Prof. Dr. Sven Lindberg, der den Bereich der Klinischen Entwicklungspsychologie an der Universität Paderborn leitet. In einem Experiment prüften er und die Doktorandin Jeanette Skowronek, welchen Einfluss die reine Anwesenheit des Smartphones auf unsere Aufmerksamkeit hat.
Die beiden Wissenschaftler hatten dazu 49 Studenten im Alter zwischen 20 und 34 Jahren in einer Reihe von simulierten Videokonferenzen Aufgaben erfüllen lassen. Einige der Probanden hatten ihre Smartphones auf dem Tisch liegen, andere nicht. Zudem mussten die Teilnehmenden eine Selbstauskunft ausfüllen, um eine mögliche Handysucht zu erkennen. Die erstaunliche Erkenntnis: Die Teilnehmer mit Smartphone waren langsamer, unkonzentrierter und konnten schlechter zwischen Aufgaben wechseln. Und das unabhängig davon, ob es Anzeichen für eine Handysucht gab.
"Die bloße Anwesenheit des Smartphones wirkt sich ungünstig auf die Produktivität aus, dabei muss es nicht mal zu einer Interaktion mit dem Gerät kommen", erklärt Lindberg. "Die Tatsache, dass das Handy in Sichtweite ist – selbst wenn es ausgeschaltet ist – beeinflusst die kognitive Leistung. Nutzer:innen arbeiten langsamer und unkonzentrierter."
Einfach mal weglassen
Der klare Rat der Experten fällt deshalb härter aus, als es die meisten vielleicht hören wollen: Will man eine persönliche Beziehung zu einem Gesprächspartner aufbauen oder konzentriert arbeiten, gehört das Handy nicht auf den Tisch und ist idealerweise nicht einmal im selben Raum. Stattdessen sollte man sich bewusst entscheiden, auch körperlich Abstand zu den Geräten zu bekommen, um wirklich den Kopf frei zubekommen. Und das selbst dann, wenn man die Nutzung des Gerätes eigentlich im Griff hat.
Quellen: Universität Paderborn, Studie 1, Studie 2