Der Trevi-Brunnen in Rom wird für das Heilige Jahr herausgeputzt – was Besuchern besondere Einblicke ermöglichen wird. Ab Dezember könnte der Zutritt dann begrenzt werden.
Der mächtige Trevi-Brunen, eines der Wahrzeichen Roms, wird restauriert. Und noch eine gute Nachricht gleich hinterher: Man wird ihm dann so nahe kommen wie nie zuvor. Über einen Laufsteg auf dem Wasserbecken gelangt man direkt vor die barocke Inszenierung aus Travertin und Marmor, kann den Meeresgott Oceanus bestaunen und all die Fabelwesen, die sich auf der Felslandschaft tummeln, über die sich das Wasser in ein großes flaches Becken ergießt. Meerespferde und Muschel blasende Tritonen stürmen dem Betrachter entgegen.
Bislang waren die steinernen Mischwesen wegen des riesigen Touristenandrangs für viele kaum zu erkennen. Der geplante Laufsteg in Form eines Hufeisens soll innerhalb eines Monats fertig sein und bis zum Ende der Restaurierung, voraussichtlich Ende Dezember, Besuchern die Gelegenheit geben, den Meeresgeschöpfen auf Augenhöhe zu begegnen. Wer auf den berühmten Münzwurf über die Schulter nicht verzichten will, kann das auch während der Säuberungsarbeiten tun. Es werden dafür Körbe im geleerten Becken aufgestellt.
Die Fontäne wird eingepfercht
Die schlechte Nachricht allerdings: Das Privileg, all die marmornen Geschöpfe aus nächster Nähe betrachten zu können, wird wohl nur wenigen zuteilwerden. Denn der Andrang wird immens sein – und wie viele Menschen zugleich auf den Steg dürfen, will der Tourismus-Stadtverordnete Alessandro Onorato in einer Testphase erst noch herausfinden. Fest steht, dass Besucher sich nicht voranmelden können. Das halten die Planer auch nicht für notwendig, denn der Platz vor dem größten Brunnen Roms bliebe frei zugänglich und die Bespannung des Zaunes drumherum sei durchsichtig. Das Argument: Wer sich nicht anstellen will, dem bliebe die Ansicht des Brunnens dennoch nicht verwehrt.
Achtzig Millionen Liter Wasser aus den Quellen der Sabiner Berge fließen jeden Tag durch den Trevi-Brunnen. Kalkablagerungen und Pflanzenbefall machen dem Kunstwerk zu schaffen. Alle 14 Tage wird das Becken routinegemäß geleert und mit Wasser und Chlor gesäubert. Nun soll der Brunnen in den kommenden zweieinhalb Monaten auf Hochglanz gebracht werden. Pünktlich zum Auftakt des katholischen Heiligen Jahres, das am 24. Dezember beginnt. 327.000 Euro aus dem EU-Aufbaufonds sind für die Brunnen-Säuberung vorgesehen.
Rom macht sich für das Heilige Jahr schick
Rom putzt sich heraus – und das gilt nicht nur für den Trevi-Brunnen. Im Dezember werden alle bedeutenden Brunnen der Stadt poliert, jener vorm Pantheon, der Vier-Ströme-Brunnen und die seitlichen Wasserbecken an der Piazza Navona im historischen Zentrum. Bis ins nächste Jahr ziehen sich die Säuberungen des Schildkröten-Brunnens im früheren jüdischen Ghetto und des "Barcaccia" genannten Beckens an der Spanischen Treppe hin. Allesamt sind sie Touristen-Attraktionen und an fast jedem Tag im Jahr hoffnungslos überlaufen. Ob nun überall der Zutritt begrenzt werden soll, so wie es am Trevi-Brunnen geplant ist, scheint fraglich. Zu aufwendig, zu teuer.
Seit fünfzehn Jahren beobachtet Roms Tourismus-Beauftragter Onorato, wie seine Stadt mehr und mehr von "Menschen auf der Jagd nach dem besten Selfie belagert" wird. Seine Strategie zielt darauf ab, unbekanntere Ziele abseits der ausgewaschenen Touristenpfade zu fördern. Zum Beispiel die Ausgrabungen der Hafenstadt Ostia Antica, die per Bahn in 30 Minuten erreichbar ist. "Das wird uns helfen, den Druck der Touristenmassen im Zentrum zu reduzieren und zugleich abgelegenen Orten mehr Einnahmen zu verschaffen", sagt Onorato. Er sei dabei, eine Liste dieser alternativen Ziele zu erstellen und dann eine Marketingkampagne zu starten, um die Besucherströme umzulenken.
Zur Entlastung des historischen Zentrums soll auch eine Reform der Touristensteuer beitragen. Diese soll nach dem Willen von Onorato künftig gestaffelt sein. Es sei nicht gerecht, dass ein Besucher, der außerhalb des Zentrums übernachtet, genauso viel bezahlen muss wie jemand, der an der Spanischen Treppe wohnt, so der Stadtpolitiker. "Wir arbeiten parallel an vielen Maßnahmen, um einen nachhaltigen Tourismus zu fördern und dem Ansturm von Kurzreisenden auf stets denselben ausgetretenen Routen Einhalt zu gebieten", sagt Onorato.
Der Trevi-Brunnen muss jährlich vier Millionen Touristen verkraften. Das sind 10.000 bis 12.000 Besucher pro Tag. Gedränge um den besten Selfie-Platz und lautes Stimmengewirr lassen den Brunnen verkommen, der einst durch den Filmklassiker "La Dolce Vita" (1960) zu Weltruhm kam. Anita Ekberg watet darin im Abendkleid lasziv durch den Wasserfall und verführt Marcello Mastroianni als Boulevardreporter. Die ikonische Szene findet zum Leidwesen der römischen Stadtverwaltung auch heute noch viele Nachahmer, allerdings ohne die damalige Eleganz.
Der Trevi-Brunnen soll nach der Restaurierung auch zu einer Art Testlabor werden, wie man des "Overtourism" Herr werden kann. "Wir wollen einen verantwortlichen und gemäßigten Tourismus", erklärt Onorato. Der Zutritt soll auch nach der Restaurierung begrenzt werden. Ob das gelingt, ist noch nicht ausgemacht. Kritiker halten dagegen, dass Begrenzungen dieser Art dem Ansehen Roms schadeten und nicht zum Lebensgefühl der Stadt passten. Noch umstrittener ist die diskutierte Erhebung eines Eintrittsgeldes. Mit einem Beitrag von rund zwei Euro wolle man das Personal für die Zugangskontrollen finanzieren. Doch der Gedanke ist vielen Römern fremd – übrigens ganz uneigennützig. Denn der Obolus soll nur bei Nicht-Römern abkassiert werden.