Sexualisierte Gewalt, Extremismus, Mobbing: Kinder und Jugendliche sind im Internet laut Jugendschützern immer mehr Gefährdungen ausgesetzt. Künstliche Intelligenz verschärfe die Risiken noch, warnt ein Bericht.
Das Gefährdungspotenzial für Kinder und Jugendliche im Internet nimmt zu - zu diesem Ergebnis kommt der Jahresbericht von Jugendschutz.net, der Fachstelle von Bund und Ländern. Aktuell machten durch Künstliche Intelligenz (KI) erzeugte Inhalte es immer schwerer, Realität von Fälschung zu unterscheiden, heißt es. Dies verstärke Risiken wie sexualisierte Gewalt, Mobbing und Extremismus.
Insgesamt wurden im Jahr 2023 laut dem Bericht 7.645 Verstöße gegen den Kinder- und Jugendschutz im Netz registriert - 282 Fälle mehr als 2022. Dabei mache sexualisierte Gewalt mit rund 5.000 Fällen weiter den mit Abstand größten Anteil aus. Bei zwölf Prozent aller erfassten Verstöße handele es sich um Pornografie und Sex-Darstellungen, bei elf Prozent um politischen Extremismus. Allerdings ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, weil längst nicht alle Fälle gemeldet werden.
Beim Großteil der Verstöße handele es sich um Inhalte, deren Verbreitung "absolut unzulässig" sei. Diese Angebote dürften daher auch nicht Erwachsenen zugänglich gemacht werden. 3.582 Fälle gingen direkt an Strafverfolgungsbehörden, da kinder- und jugendpornografische Inhalte verbreitet wurden oder Gefahr für Leib und Leben bestand.
Kritik an Anbietern
Zentrale Schwachstelle in den vorgeschriebenen Schutzkonzepten der Anbieter bleibe die zuverlässige Altersprüfung, heißt es: Zwar legten fast alle von Jugendschutz.net beobachteten Plattformen ein Mindestalter fest und böten altersdifferenzierte Zugänge an. Eine entsprechende Kontrolle finde aber nur unzureichend und in vielen Fällen gar nicht statt.
Der Bericht kritisiert auch den Umgang vieler Plattformen mit gemeldeten Verstößen. So liege die Löschquote von durch Nutzer gemeldeten unzulässigen Inhalten deutlich zu niedrig und steige erst, wenn die Behörden "offiziellen Kontakt" zu den Anbietern aufnehmen. Schlusslicht sei hier TikTok, wo laut Bericht selbst nach offiziellem Kontakt nur 88 Prozent der unzulässigen Inhalte auch wirklich gelöscht wurden.
"Betreiber von Angeboten tun zu wenig, um Kinder und Jugendliche zu schützen", kritisierte der Leiter der Fachstelle, Stefan Glaser. "Sie reagieren unzureichend, wenn ihnen Verstöße gemeldet werden. Und sie überprüfen die Altersangaben von Nutzenden nicht angemessen."
Strengere Auflagen gefordert
Bundesjugendministerin Lisa Paus sagte, der Bericht zeige, "dass Kinder und Jugendliche im Netz immer mehr mit Hass, Hetze und Desinformation konfrontiert sind". Junge Menschen hätten ein Recht auf sichere und unbeschwerte Teilhabe an der digitalen Welt - doch "davon sind wir noch weit entfernt", so die Grünen-Politikerin.
Zuvor hatte auch die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, strengere Auflagen für Anbieter von Videoplattformen, sozialen Netzwerken und Online-Spielen mit Chatfunktion gefordert. Die bisherigen Pflichten würden nicht ausreichend umgesetzt, kritisierte sie.