Union und SPD wollen mit einem Sondervermögen Verteidigung und Infrastruktur stärken – brauchen dafür aber Unterstützung von FDP oder Grünen. Die Liberalen lehnen schon ab.
Noch steht die Regierung nicht, dennoch haben die Spitzen von Union und SPD sich schon auf ein gemeinsames Vorhaben geeinigt. Am Dienstagabend stellten Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU) sowie die SPD-Chefs Lars Klingbeil und Saskia Esken ein umfassendes Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur vor.
Für Verteidigungsausgaben soll die Schuldenbremse gelockert werden, außerdem soll ein Sondervermögen für die Instandsetzung der Infrastruktur mit 500 Milliarden Euro geschaffen werden. Schon in der kommenden Woche soll darüber im Bundestag abgestimmt werden – noch in der alten Zusammensetzung des Parlaments also. Da dafür das Grundgesetz geändert werden müsste, ist eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig. Dafür bräuchten Union und SPD die Stimmen von Grünen oder FDP.
FDP erteilt Sondervermögen eine Absage
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr machte klar, dass seine Fraktion das Vorhaben ablehnt. Deutschland müsse zwar deutlich mehr für seine Verteidigung tun. "Aber Schulden für alles Mögliche ohne Sinn und Verstand sind verantwortungslos", schrieb Dürr auf X. "Mein Eindruck: Merz scheut bereits echte Reformen, bevor er Kanzler ist." Die Union breche "ein zentrales Wahlkampfversprechen".
Bettina Stark-Watzinger (FDP), bis zum Bruch der Ampel-Koalition Bildungsminister, betonte: "Die Jugend wird die Rechnung zahlen." Merz mache "eine Finanzpolitik links der Ampel". FDP-Vize Wolfgang Kubicki erklärte, man könne über Beschlüsse zur Stärkung der Bundeswehr reden. Einer "infrastrukturellen Carte blanche des Parlaments für die Bundesregierung in dieser Größenordnung" könne er so aber nicht zustimmen. Das Vorgehen von Union und SPD ordnete Kubicki als "demokratietheoretisch falsch" und verglich es mit den Maßnahmen während der Corona-Pandemie.
Grüne wollen erst mal schauen
Die Grünen-Bundestagsfraktion reagierte abwartend – und stellt Bedingungen. "Wir machen hier gar nichts auf Zuruf", sagte die Co-Fraktionschefin Katharina Dröge im "Brennpunkt" der ARD. Union und SPD müssten sich bei Fragen des Klimaschutzes bewegen. Man werde sich die Vorschläge "genau anschauen müssen".
Enttäuscht zeigte sich Dröge davon, dass Friedrich Merz nicht im Vorfeld das Gespräch mit den Grünen gesucht hatte. Auch den Plan, die Grundgesetzänderung noch im alten Bundestag zu verabschieden, sehen die Grünen kritisch. Im neuen Parlament haben SPD, Union und Grüne aber keine Zwei-Drittel-Mehrheit mehr, AfD und Linke verfügen über eine sogenannte Sperrminorität, mit der sie Grundgesetzänderungen blockieren können. Die FDP ist im neuen Bundestag nicht mehr dabei.
AfD-Chefin Alice Weidel warf Friedrich Merz vor, die Wähler im Wahlkampf belogen zu haben. Sie und ihr Co-Chef Tino Chrupalla kritisierten ebenfalls scharf das Vorhaben, noch vor der Konstituierung des neugewählten Bundestags abzustimmen. Damit werde der Wählerwille missachtet.