
Hunderttausende protestieren in Serbien seit Monaten gegen die Regierung. Jüngst tritt der Ministerpräsident zurück. Jetzt legt Präsident Vucic einen neuen Vorschlag für das Amt des Regierungschefs vor - und trifft dabei eine überraschende Wahl.
Inmitten der seit Monaten anhaltenden Proteste in Serbien hat Präsident Alexander Vucic einen politischen Quereinsteiger als neuen Regierungschef nominiert. Vucic beauftragte den Arzt Djuro Macut mit der Regierungsbildung. Der Medizinprofessor sei aufgrund seiner "beruflichen und persönlichen Qualitäten" geeignet für das Amt des Ministerpräsidenten, sagte der Präsident.
Macut ist ein angesehener Mediziner, hat aber keine politische Erfahrung. Ende Januar hatte er bei einer Kundgebung für Vucics neue politische Bewegung, die derzeit gegründet wird, eine Rede gehalten.
Die serbische Regierung ist seit dem 19. März geschäftsführend im Amt. Macut hat nun bis zum 18. April Zeit, eine neue Regierung zu bilden und diese vom Parlament bestätigen zu lassen. Gelingt ihm dies nicht, könnte Vucic gezwungen sein, Neuwahlen auszurufen.
In Serbien drohen Neuwahlen
Die Protestwelle in Serbien war durch den Einsturz eines Bahnhofsvordachs in der Stadt Novi Sad am 1. November entfacht worden, bei dem 16 Menschen ums Leben gekommen waren. Bei der bisher größten Kundgebung versammelten sich Mitte März in Belgrad zwischen 100.000 und 300.000 Menschen. Die Regierung steht wegen der anhaltenden Proteste unter Druck.
Die Organisatoren der Demonstrationen, Sternmärsche und Universitätsbesetzungen machen Inkompetenz und Korruption der Regierenden für das Unglück von Novi Sad verantwortlich. Sie verlangen systemische Reformen, um mit rechtsstaatlichen Mitteln Korruption und Misswirtschaft zu beseitigen. Vucic bezichtigte die Protestbewegung erneut, vom Ausland gesteuert zu sein und auf einen Umsturz abzuzielen. Beweise legte er keine vor.
Ende Januar hatte Ministerpräsident Milos Vucevic seinen Rücktritt erklärt. Ex-Regierungschef Vucevic galt als treuer Gefolgsmann des Präsidenten, der alle wichtigen Entscheidungen selbst trifft.