Wenn Trump in den USA die Regierungsgeschäfte übernimmt, habe die bisherige Bundesregierung dort nichts mehr zu melden, sagt Unions-Kanzlerkandidat Merz. Die habe das Vertrauen nämlich schon im Vorfeld der Wahl verspielt.
Wann neu gewählt wird, handeln SPD und CDU gerade geräuschvoll aus, CDU-Chef Friedrich Merz ist derweil schon im Wahlkampf angekommen. Im Interview mit dem "Stern" skizziert er seine Pläne für eine mögliche Kanzlerschaft. Außenpolitisch gehe es darum, deutsche Interessen stärker zu vertreten, so Merz. Dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump wolle er "mit aufrechtem Gang" entgegentreten. "Wir müssen von einer schlafenden Mittelmacht wieder zu einer führenden Mittelmacht werden", so der Unions-Kanzlerkandidat. Die Amerikaner seien bei der Durchsetzung ihrer Interessen viel offensiver. "Es soll ja nicht darauf hinauslaufen, dass nur eine Seite profitiert, sondern dass wir gute Verabredungen für beide Seiten treffen. Trump würde es einen Deal nennen."
Merz nannte ein Beispiel. "Machen wir es einmal konkret: Wir kaufen notgedrungen bei den Amerikanern F-35 Kampfjets, aber dann sollten sie bei uns gewartet werden und wir bekommen dafür auch die nötigen Werke. Das wäre für beide Seiten ein gutes Geschäft. Ich beobachte Trump, spreche mit vielen Leuten, die ihn sehr gut kennen. Die sagen mir: Du musst ihm mit aufrechtem Gang und Klarheit begegnen."
Der bisherigen Bundesregierung wirft Merz Fehler im Vorfeld der US-Wahl vor. Statt sich auf eine Wiederwahl Trumps einzustellen, habe das Auswärtige Amt für Kamala Harris getwittert und damit sehr einseitig Partei bezogen", so Merz im "Stern". "Trump hat ein gutes Gedächtnis. Die gegenwärtige Bundesregierung wird bei der neuen Administration kein Gehör mehr finden. Scholz ist jetzt auch international eine lame duck."
"Soli" soll weg
Ein innenpolitisches Wahlkampfthema könnte unter anderem der Solidaritätsbeitrag werden, den die Union abschaffen und die SPD beibehalten will. Merz spricht von "Sozialneid". Der "Soli" sei "zum politischen Kampfinstrument der Sozialdemokraten gegen 'die Reichen' geworden", so der CDU-Chef. Seit 2021 zahlen nur noch die oberen rund 10 Prozent der Lohn- und Einkommensteuerzahler den Solidaritätszuschlag. Das Bundesverfassungsgericht will sich am Dienstag in einer mündlichen Verhandlung mit dem Solidaritätszuschlag beschäftigen.
Merz kündigte zudem eine große Arbeitsmarktreform an. "Als erstes muss dazu der Name 'Bürgergeld' verschwinden", sagte er. "Wir wollen ein neues System der Grundsicherung. Wir helfen selbstverständlich denen, die Hilfe wirklich brauchen. Aber derjenige, der arbeiten kann, muss auch arbeiten, jedenfalls hat er sonst keinen Anspruch auf umfassende staatliche Hilfen." Die Agenda 2010 des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder solle als Orientierung dienen.
Schließlich strebt die CDU unter Merz auch noch eine Rentenreform an, die nah an den entsprechenden Plänen der FDP sein dürfte. "Die Rente wird Basis der Altersvorsorge bleiben, aber es muss eine betriebliche und eine private kapitalgedeckte Altersversorgung dazukommen. Das muss deutlich mehr werden als bisher", sagte Merz. "Eine Rentenreform erschöpft sich nicht in einer Debatte über das Renteneintrittsalter." Die Forderung nach einer Anhebung der Regelaltersgrenze hatte Merz bereits im Sommer zurückgewiesen.
Keine Zweitstimmenkampagne für die FDP
Trotz inhaltlicher Nähe zu den Liberalen kündigte der CDU-Chef im Wahlkampf einen harten Kurs gegenüber der FDP an. "Es wird keine Zweistimmen-Hilfe von uns für die FDP geben. Insbesondere bei dem gegenwärtigen Wahlrecht haben wir nichts zu verschenken", betonte Merz. Parteichef Christian Lindner müsse jetzt für eine Stabilisierung der FDP sorgen. "Das ist allein seine Aufgabe." Mit einer FDP bei sechs oder sieben Prozent sei eine stabile Mehrheit in Reichweite. Vier Prozent für die FDP seien allerdings verschenkt, so der Kanzlerkandidat. "Dann sind es vier Prozent zu viel für die FDP und verschenkte Stimmen, die am Ende fehlen."