Offener Brief: Zivilgesellschaft gegen Verhandlungen über europäischen Datenschutz

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Unter dem Deckmantel des Bürokratie-Abbaus möchte die EU-Kommission Teile der Datenschutzgrundverordnung neu verhandeln. Mehr als hundert zivilgesellschaftliche Organisationen fürchten, dass dies zum Einfallstor wird, um „hart erkämpfte Rechte“ zurückzunehmen und den Datenschutz zu verwässern.

Zeichnung der Pandora mit Büchse, umringt von Göttern im Olymp.Viele Kräfte würden gerne die DSGVO neu verhandeln – und damit die Büchse der Pandora öffnen. (Symbolbild) – CC0 Bernard Picart

Die EU-Kommission plant, Regelungen der Datenschutzgrundverordnung „zu vereinfachen“. Sie will Dokumentationspflichten für kleinere und mittlere Unternehmen herausstreichen, um Bürokratie abzubauen. Datenschutzorganisationen hatten zuletzt die Befürchtung geäußert, dass mit den Änderungen die „Büchse der Pandora“ geöffnet wird – und der Datenschutz insgesamt verwässert werden könnte. Hintergrund ist dabei auch, dass sich die politischen Mehrheitsverhältnisse im EU-Parlament geändert haben und die eher datenschutzfeindlichen Konservativen und Rechtsradikalen nun mehr Einfluss und Stimmen haben.

In einem gemeinsamen Schreiben (PDF) an die EU-Kommission fordert der Dachverband europäischer Digitalorganisationen eDRi zusammen mit mehr als hundert zivilgesellschaftlichen Initiativen, Wissenschaftler:innen, Unternehmen, Gewerkschaften und Expert:innen deswegen eine Ablehnung der Überarbeitung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die DSGVO sei mehr als eine Verordnung, heißt es im offenen Brief: „Sie ist das Rückgrat des digitalen Regelwerks der EU, eine hart erkämpfte legislative Errungenschaft, die hohe Standards setzt und die Würde der Menschen in einer datengesteuerten Welt schützt.“

Gefahr, dass hart erkämpfte Rechte zurückgenommen werden

Auch wenn einzelne vorgeschlagene Änderungen theoretisch gut seien, könnte die DSGVO durch den Prozess anfällig für weitergehende Deregulierung werden. „Viele solcher Bestrebungen sind bereits erkennbar, darunter Forderungen nach einer Schwächung der Einwilligungsvorschriften ohne wirksame Schutzmaßnahmen für die Nutzer:innen oder nach einer Legitimierung der invasiven Nutzung personenbezogener Daten für KI-Trainingszwecke“, schreiben die Organisationen.

Die Unterzeichnenden, unter ihnen der Verbraucherzentrale Bundesverband, Mozilla und die Digitale Gesellschaft, fordern die Europäische Kommission deswegen auf, „jede Wiederaufnahme der DSGVO – egal wie begrenzt sie auch erscheinen mag – abzulehnen und die Integrität der Verordnung als Grundlage des EU-Digitalrechts zu bekräftigen“. Außerdem müsse sie anerkennen, „dass die derzeitigen Herausforderungen bei der Umsetzung durch eine wirksame Durchsetzung mit Klarheit und nicht durch Deregulierung gelöst werden können“. Die Kommission solle externen und internen Druck abwehren, „der darauf abzielt, die Rechte der Menschen im Namen der Wettbewerbsfähigkeit oder von Handelsinteressen zu opfern.“

Eine Wiederaufnahme der Verhandlungen rund um die DSGVO würde die Gefahr mit sich bringen, „hart erkämpfte Rechte“ zurückzunehmen, so die Unterzeichnenden weiter.


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