2 weeks ago

Neue Kämpfe drohen: Israel verhängt Stopp für Hilfslieferungen in den Gazastreifen



Die Hamas möchte die erste Phase der Waffenruhe mit Israel nicht verlängern. Die Netanjahu-Regierung reagiert darauf mit einem kompletten Einfuhrstopp aller Waren und Lieferungen in den vielerorts komplett zerstörten Gazastreifen. Ein rechtsextremer Minister stellt noch eine weitergehende Forderung auf.

Israel setzt nach Ablauf der ersten Phase einer Waffenruhe die Terrororganisation Hamas mit einem vollständigen Stopp der Hilfslieferungen in den Gazastreifen unter Druck. Regierungschef Benjamin Netanjahu habe dies angesichts der Weigerung der Hamas beschlossen, einen US-Vorschlag zur Verlängerung der ersten Phase bis in den nächsten Monat zu akzeptieren, teilte sein Büro mit. Die Hamas warf Netanjahu "Erpressung" vor.

"Von heute Morgen an wird jegliche Einfuhr von Waren und Lieferungen in den Gazastreifen gestoppt", hieß es in der Mitteilung. "Israel wird keine Waffenruhe ohne Freilassung unserer Geiseln ermöglichen." Zudem werde es "weitere Konsequenzen geben, wenn die Hamas auf ihrer Weigerung beharrt". Die Hamas hat nach israelischen Informationen noch 24 Geiseln und 35 Leichen von Verschleppten in ihrer Gewalt.

Smotrich will "Tore zur Hölle öffnen"

Der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich lobte Netanjanhus Entscheidung. Er forderte, man müsse die "Tore zur Hölle" nun "so schnell und tödlich wie möglich für unseren grausamen Feind öffnen, bis zum totalen Sieg".

Die rund zwei Millionen Einwohner des Gazastreifens leben bereits unter prekären Umständen. Zum Lieferstopp sagte Norwegens Außenminister Espen Barth Eide im Rundfunksender NRK: "Das wird enorme Folgen haben, denn auch wenn in Gaza nicht mehr bombardiert wird, ist die humanitäre Lage immer noch sehr schwierig."

Der Einfuhrstopp erfolgt zum Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan. Die Hamas warf Netanjahu vor, gegen die Waffenruhe-Vereinbarung zu verstoßen. Der Stopp humanitärer Hilfslieferungen sei "skrupellose Erpressung, ein Kriegsverbrechen und ein schwerwiegender Bruch des Abkommens", hieß es in einer Telegram-Mitteilung der Terrororganisation.

Die Vermittler - neben Katar und Ägypten auch die USA - und die internationale Gemeinschaft müssten Druck auf Israel ausüben, um seine "repressiven und unmoralischen Maßnahmen" gegen die Menschen im Gazastreifen zu beenden. Die israelischen Geiseln könnten nur durch die sofortige Aufnahme von Verhandlungen über die zweite Phase der Vereinbarung freikommen, hieß es.

Israel stimmt US-Vorschlag zu

Diese zweite Phase des dreistufigen Abkommens sieht eine Freilassung der verbliebenen Geiseln im Gegenzug für ein dauerhaftes Ende des Krieges vor. Israel beharrt jedoch auf dem Kriegsziel einer völligen Zerstörung der Hamas. Laut israelischen Medienberichten trainiert die Armee des Landes bereits intensiv für einen möglichen Wiederbeginn des Krieges im Gazastreifen.

In der Nacht hatte Israel laut eigenen Angaben einen Vorschlag des US-Sondergesandten Steve Witkoff zur Fortsetzung der Waffenruhe bis Mitte April im Gegenzug für die Übergabe potenziell aller verbliebenen Geiseln gebilligt. Die Hamas lehne den Plan bislang ab, hieß es in einer nächtlichen Mitteilung von Netanjahus Büro. Sollte die Hamas ihre Position ändern, werde Israel unverzüglich Verhandlungen über alle Einzelheiten des Plans aufnehmen.

Witkoff habe den Rahmen für eine Verlängerung der Waffenruhe vorgeschlagen, nachdem er den Eindruck gewonnen habe, dass es derzeit keine Möglichkeit gebe, die Positionen beider Seiten zur Beendigung des Krieges zu überbrücken, hieß es in der Mitteilung von Netanjahus Büro. Es sei mehr Zeit für Gespräche über einen dauerhaften Waffenstillstand notwendig.

Geisel-Angehörige kritisieren Netanjahu

Die Mutter zweier entführter Brüder, von denen einer freigelassen worden war, kritisierte die Entscheidung Netanjahus. "Jedes Mal, wenn man die Hilfslieferungen stoppt, stoppt man das Wenige, was die Geiseln bekommen", sagte sie dem israelischen Nachrichtenportal "ynet".

Bei neuen israelischen Angriffen im Gazastreifen starben nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde vier Menschen. Zudem seien sechs Verletzte in Krankenhäuser gebracht worden, hieß es in der Mitteilung. Seit Beginn der Waffenruhe im Januar seien mehr als 100 Palästinenser in dem Küstenstreifen getötet worden. Die israelische Armee teilte mit, mehrere verdächtige Personen hätten sich den israelischen Truppen im Norden des Gazastreifens genähert. Sie seien dabei beobachtet worden, wie sie einen Sprengsatz in dem Gebiet gelegt hätten. "Um die Bedrohung zu beseitigen, hat die israelische Luftwaffe die Verdächtigen angegriffen", hieß es weiter.

Seit Beginn der Waffenruhe am 19. Januar waren wieder mehr Hilfsgüter in den abgeriegelten Küstenstreifen gekommen. Der von Israel jetzt verhängte Einfuhrstopp könnte dramatische Folgen nicht nur für die palästinensische Zivilbevölkerung, sondern auch für die israelischen Geiseln haben.

Auslöser des Krieges war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober 2023 in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt hatten. Auf israelischer Seite wurden dabei mehr als 1200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere in den Gazastreifen verschleppt. Seither wurden laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 48.300 Menschen im Gazastreifen getötet. Die unabhängig nicht überprüfbaren Zahlen unterscheiden nicht zwischen Terroristen und Zivilisten.

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