Der Kanzler kritisiert Robert Habeck für dessen Ruf nach einer massiven Aufstockung des Wehretats. Jetzt kontert der Wirtschaftsminister im stern in scharfem Ton.
Der grüne Kanzlerkandidat Robert Habeck hat die Kritik von Olaf Scholz an seinen Verteidigungsplänen scharf zurückgewiesen und dem Bundeskanzler vorgeworfen, in Zeiten der Großen Koalition die Bundeswehr kaputtgespart zu haben. "Die Bundeswehr wurde unter der großen Koalition heruntergewirtschaftet, immer nach dem Motto, macht ja nichts", sagte Habeck dem stern. Damit attackiert Habeck indirekt auch Olaf Scholz, der als Finanzminister in der Großen Koalition maßgeblich an den Bundeshaushalten beteiligt war.
Das Sondervermögen, mit dem die Ampel angefangen habe, "gegen das Desaster anzuarbeiten", stehe schon übernächstes Jahr nicht mehr zur Verfügung. "Wir müssen also in den nächsten Jahren mehr für den Schutz des Friedens und die Sicherheit dieses Landes tun“, forderte Habeck.
Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz im stern-Interview den Plan Habecks als "unausgegoren" bezeichnet, die Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen. Der Etat würde sich laut Scholz damit von knapp 80 Milliarden Euro auf 140 Milliarden Euro fast verdoppeln, Habeck jedoch nicht sagen, "wofür das Geld aufgewendet und woher es kommen soll". Scholz: "Wer zahlt die Zeche? Die Bürgerinnen und Bürger?"
Robert Habeck: Finanzierung durch Kredite
Der Grünen-Kandidat betonte nun, die von ihm geplanten massiven Verteidigungsausgaben über neue Milliardenkredite finanzieren zu wollen: "Klar ist, dass wir das nicht einfach irgendwo ersparen können, sondern hier Kredite für die Sicherheit aufnehmen müssen", sagte Habeck. "Die restriktive Schuldenbremse darf nicht darüber entscheiden, wie sicher Deutschland ist." Diese Frage richte sich in erster Linie an die Union. "Wir müssen den Frieden sichern und weiteren Krieg verhindern", appellierte Habeck.
STERN PAID 44_24 "Wir befinden und nicht mehr im Frieden" 15.05
"Deutschland muss verteidigungsfähig sein – in allen Bereichen, bei Cybersicherheit, dem Schutz der digitalen Infrastruktur, Zivilschutz", forderte der Wirtschaftsminister. Die Bedrohungslage für Deutschland und Europa sei mit den Händen zu greifen. Der Ukrainekrieg sowie die wachsende Gefahr hybrider Kriegsführung gegen Deutschland und seine Verbündeten machten es notwendig, dass Deutschland und die EU "mehr Verantwortung für unsere Sicherheit übernehmen". Habeck: "Alles andere wäre angesichts der Aufstellung der USA naiv."
Die Debatte dürfte in Deutschland weiter an Fahrt gewinnen. Der kommende US-Präsident Donald Trump forderte am Dienstag in Mar-a-Lago Verteidigungsausgaben in Höhe von fünf Prozent des BIP von den NATO-Staaten. Das wären für Deutschland Ausgaben von etwa 200 Milliarden Euro im Jahr.