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Marktbericht: Kursfeuerwerk an der Börse



marktbericht

Stand: 10.04.2025 09:48 Uhr

Die überraschende Kehrtwende der US-Zollpolitik beschert dem DAX einen gigantischen Kurssprung. Zuvor waren auch die anderen Weltbörsen bereits auf Klettertour gegangen.

Die US-Zollpolitik stürzt die Anleger einmal mehr in ein Wechselbad der Gefühle. Nach der überraschenden Zollwende der US-Regierung am Vorabend springt der DAX nach oben und gewinnt zur Eröffnung rund acht Prozent auf mehr als 21.200 Punkte. Aktuell legt der Index bei volatilem Handel noch rund sieben Prozent zu. Auch der MDAX der mittelgroßen Aktien steigt um rund sieben Prozent.

Die Aussicht auf Verhandlungslösungen nach dem harten Zollkurs der US-Regierung zuvor elektrisiert die Anleger weltweit. Denn im Streit über neue Zölle machte US-Präsident Donald Trump bei den meisten Ländern vorübergehend einen Rückzieher, während der Konflikt mit China sich weiter zuspitzt.

Nachdem Trump vor einer Woche seine Zollpolitik verkündet hatte, waren die Börsen weltweit eingebrochen. Dem Präsidialamt zufolge bleibt es aber beim Basiszollsatz von zehn Prozent. Auch die 25 Prozent auf Autos, Stahl und Aluminium gelten weiter.

Analysten zeigten sich erleichtert über den Schritt, der vor allem die Finanzmärkte beruhigen könne. "Sie haben die Pausentaste gedrückt, und der Markt jubelt", sagte Alex Morris, Chefinvestor von F/M Investments.

Entwarnung könne man aber nicht geben. Denn es sei unsicher, ob Verhandlungen binnen 90 Tagen zu einem Ergebnis führten. Unterdessen könnten die verunsicherten US-Konsumenten Waren hamstern, um sich vor steigenden Preisen einzudecken und die Inflation erst recht befeuern.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die von US-Präsident Donald Trump angekündigte "Pause" im weltweiten Zollstreit begrüßt. "Das ist ein wichtiger Schritt, um die Weltwirtschaft zu stabilisieren", erklärte von der Leyen am Morgen im Onlinedienst X.

Nach der Verkündung der Zollpause sind die Börsenkurse in der Nacht bereits weltweit massiv gestiegen. An der New Yorker Wall Street schlossen die drei wichtigsten Indizes gestern deutlich im Plus: Der Dow Jones stieg um 7,9 Prozent auf 40.608 Punkte. Der S&P 500 erzielte Gewinne von 9,5 Prozent und schloss mit 55.456 Punkten, der Technologie-Index Nasdaq gewann 12,2 Prozent auf 17.124 Punkte dazu.

In New York legten die "Glorreichen Sieben" - also Amazon, Apple, Alphabet, Microsoft, Meta, Nvidia und Tesla - kräftig zu. Titel von Tesla etwa stiegen um 22 Prozent.

Im Anschluss an das Kursfeuerwerk an der Wall Street stiegen auch die asiatischen Märkte. Der Tokioter Nikkei-Index notierte 8,7 Prozent höher bei 34.446 Punkten, in Korea stiegen die Kurse um rund 6,0 Prozent. In Australien stiegen die Kurse um 4,7 Prozent. Das Land erteilte heute den Avancen Chinas zu einer engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit derweil eine klare Abfuhr.

Auch die Aktien in China und Hongkong ziehen an, wenn auch nicht so stark. Denn Trump hat die heftigen Importzölle von 125 Prozent gegen gegen China in Kraft gelassen. Im Gegenzug erhebt das Land seit dem Morgen Zölle von 84 Prozent auf US-Produkte. In Shanghai steigen die Kurse aktuell rund 1,1 Prozent, der Hang Seng Index in Hong Kong gewinnt 2,6 Prozent.

"Anleger gehen davon aus, dass der zusätzliche Effekt weiterer Zollanhebungen begrenzt sein dürfte, da ein Großteil der chinesischen Exporte in die USA bereits stark betroffen ist", erläuterten die Experten der Schweizer Großbank UBS. "Außerdem glauben einige Optimisten, dass sich beide Seiten letztlich doch an den Verhandlungstisch setzen und eine Einigung erzielen werden."

Im Fokus stehen heute auch frische Konjunkturdaten. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute stellen am Vormittag ihre neuen Prognosen zur Entwicklung der deutschen Wirtschaft vor.

In den USA wird der Inflationsbericht für März indes wohl zeigen, dass der Preisauftrieb nachgelassen hat. Befragte Experten erwarten, dass sich die Teuerungsrate im März auf 2,6 von 2,8 Prozent im Februar abgeschwächt haben dürfte. Dies wäre eine gute Nachricht für die US-Notenbank Federal Reserve (Fed), die im Mai wieder über den Leitzins entscheidet. Die Notenbanker hielten zuletzt allerdings auch wegen der unklaren Folgen der erratischen Zollpolitik der Regierung die Füße still.

Unter den Einzelwerten im DAX legen gleich mehrere Titel deutlich prozentual zweistellig zu. Darunter ist der Chiphersteller Infineon, der in den ersten Handelsminuten über 16 Prozent vorrückt. Softwareriese SAP, der wertvollste DAX-Wert, gewinnt mit dem Markt über acht Prozent hinzu.

Auch Heidelberg Materials, der einzige Baukonzern im DAX, aber auch Deutsche Bank sind stark gefragt. Schlusslicht ist Flugzeugbauer Airbus, dessen Aktie deutlich über vier Prozent nachgibt.

Unter den Einzelwerten im DAX werden Telekom-Aktien mit einem Dividendenabschlag von 0,90 Euro gehandelt. Die Ausschüttung war gestern von der Hauptversammlung beschlossen worden.

JPMorgan hat derweil das Kursziel für die Aktien von 43 auf 44 Euro erhöht und die Einstufung auf "Overweight" belassen. Die Aktie steht zudem auf der "Analyst Focus List" der Bank. Die Bonner seien nur eines von zehn großen europäischen Börsenunternehmen, die prozentual zweistellige Wachstumsraten beim Gewinn je Aktien versprächen, erklärte Analyst Akhil Dattani.

Die Ölpreise können ihre Gewinne nicht halten und tendieren im frühen Geschäft wieder tiefer. Ein Fass der Nordseesorte Brent kostet 64,55 Dollar und damit 1,7 Prozent weniger, für die US-Leichtölsorte WTI geht es um 1,8 Prozent nach unten. Die Notierungen hatten wegen zunehmender Rezessionssorgen zuletzt unter Druck gestanden und notierten so niedrig wie seit vier Jahren nicht mehr. Vor allem die unklare Rolle Chinas im Zollstreit schwebt schon länger über dem Markt, denn China gilt als einer der größten Ölverbraucher weltweit.

Die US-Investmentbank Goldman Sachs rechnet wegen des Handelskriegs derweil mit weniger Wachstum in China. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte in diesem Jahr nur noch um 4,0 Prozent steigen statt der bisher erwarteten 4,5 Prozent, wie aus der heute veröffentlichten Prognose hervorgeht.

Für 2026 wurde diese von 4,0 auf 3,5 Prozent gesenkt. Die Ökonomen veröffentlichten ihre neue Vorhersage für den Exportweltmeister, nachdem US-Präsident Donald Trump die Zölle auf chinesische Importe auf 125 Prozent erhöht hatte. Dies werde die chinesische Wirtschaft und den Arbeitsmarkt erheblich belasten, so Goldman.

Am Devisenmarkt notiert der Euro gegen den Dollar bei 1,0981 Dollar leicht höher. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs gestern auf 1,1045 Dollar festgesetzt.

Die amerikanische Airline Delta schließt es aus, die Einfuhrzölle für die Lieferung von Airbus-Flugzeugen in die USA zu übernehmen. Stattdessen werde man alle mit Zöllen belegten Auslieferungen aufschieben, sagte Delta-Chef Ed Bastian. Zugleich sagte Bastian, er hoffe, dass die Situation durch Handelsverhandlungen gelöst werde, bevor Delta oder Airbus tätig werden müssten.

Delta zog zuvor unter Verweis auf die Unsicherheit durch Trumps Zoll-Ansagen die Prognose für das laufende Jahr zurück. Einen neuen Ausblick solle es erst geben, wenn die Lage klarer werde, hieß es. Am Abend hatte Airbus 139 Bestellungen im März bekannt gegeben.

Am Abend legte Volkswagen überraschend seine Zahlen zum ersten Quartal vor. Das operative Ergebnis sei auf 2,8 Milliarden Euro zurückgegangen von 4,6 Milliarden Euro vor Jahresfrist, teilte Europas größter Autobauer mit. Die Umsatzrendite sank im ersten Quartal von 6,0 auf 3,6 Prozent.

Am Markt war mit einem Gewinn von rund vier Milliarden Euro und einer Rendite von rund fünf Prozent gerechnet worden. VW verwies auf Sondereffekte von 1,1 Milliarden Euro, die auf das Ergebnis drückten. Der Umsatz legte um etwa drei Prozent auf rund 78 Milliarden Euro zu. An seiner Prognose für das Gesamtjahr hält der DAX-Konzern fest. Allerdings seien darin die Auswirkungen der US-Zölle nicht enthalten, da die Effekte und ihre Wechselwirkungen im Moment nicht abschließend bewertet werden könnten.

Der Aromen- und Riechstoffkonzern Givaudan ist gut in das neue Jahr gestartet. Der Umsatz des Symrise-Konkurrenten stieg in den ersten drei Monaten 2025, bereinigt um Wechselkurseinflüsse und Übernahmen, um 7,4 Prozent auf den Rekordwert von 1,98 Milliarden Franken, wie das Schweizer Unternehmen am Morgen mitteilte.

Treiber waren die Verkäufe von Luxusparfümerie mit einem Plus von 16,7 Prozent. Es sei sehr wahrscheinlich, dass Givaudan für den Zeitraum 2021 bis 2025 die obere Grenze seines durchschnittlichen fünfjährigen Umsatzwachstumsziels übertreffen werde.

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