Hochkarätige Mitglieder eines CDU-Stadtverbands aus Mecklenburg-Vorpommern sind von der Politik der Union enttäuscht – und treffen gemeinsam eine drastische Entscheidung.
Eigentlich sollte man meinen, Friedrich Merz würde großen Rückhalt in seiner Partei genießen. Schließlich hat der CDU-Kanzlerkandidat die Wahl gewonnen und wird aller Wahrscheinlichkeit nach für die Union das Kanzleramt zurückerobern.
Doch die Kehrtwende in der Schuldenfrage, die Merz seit der Bundestagswahl vollzogen hat, bringt ihm auch in den eigenen Reihen Kritik ein. Mitglieder des CDU-Stadtverbands Kühlungsborn in Mecklenburg-Vorpommern haben sich sogar zu einem drastischen Schritt entschlossen und verlassen die Partei. 18 Christdemokraten erklärten ihren Austritt – darunter hochkarätige Kommunalpolitiker wie die Vorsitzende des Stadtverbandes, nahezu der gesamte Vorstand und die Fraktionsspitze in der Stadtvertretung. Kühlungsborn ist einer der größten CDU-Stadtverbände im Landkreis Rostock, der Verband muss sich nun nahezu komplett neu organisieren.
CDU-Kommunalpolitiker kritisieren Lockerung der Schuldenbremse
Es seien "grundlegende Punkte und rote Linien" überschritten worden, die die Grundwerte der CDU zerstören würden, heißt es in einer Erklärung der langjährigen Mitglieder. Damit meinen sie insbesondere die Lockerung der Schuldenbremse, die der Bundestag auf Betreiben von Union und SPD in der vergangenen Woche beschlossen hat. Durch die Grundgesetzänderung wurde der Weg für ein fast eine Billion Euro großes Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur freigemacht.
"Die Schuldenbremse ist die DNA der CDU", stellen die CDU-Politiker aus Kühlungsborn fest. Mit der Aufnahme der Klimaneutralität bis 2045 in das Grundgesetz sei "das Maß endgültig überschritten". Sie befürchten, dass durch diese Entscheidungen die Inflation und die Preise steigen, die Zinsen hätten die nachfolgenden Generationen zu zahlen.
Enttäuscht vom Verlauf der Koalitionsverhandlungen
Die Koalitionsverhandlungen mit der SPD verlaufen auch nicht zur Zufriedenheit der Christdemokraten aus der Ostseestadt mit etwa 8000 Einwohnern. "Wir müssen feststellen, dass sich der Wahlsieger CDU in den laufenden Gesprächen kaum bis gar nicht wiederfindet", lautet ihr vorläufiges Fazit. Sie kritisieren vor allem, dass bei der Migrationspolitik und der Abschaffung des Heizungsgesetzes stocke – Punkte, mit denen die CDU im Wahlkampf geworben hatte.
Durch das jüngste Schuldenpaket und den Kurswechsel von Friedrich Merz haben sich zuletzt immer mehr Mitglieder dazu entschieden, der Partei den Rücken zu kehren. Das bestätigte unter anderem Matthias Grahl, Schatzmeister der CDU in Sachsen, der "Welt". Generalsekretär Carsten Linnemann räumte laut eines Berichts der "Bild" im CDU-Bundesvorstand ein, es gebe aktuell "höhere Austrittszahlen als üblich".
Quelle: CDU Kühlungsborn, "Welt", "Bild"