3 months ago

Krieg in der Ukraine: Maxim MG – warum die Waffe aus dem Ersten Weltkrieg immer noch benutzt wird



Das Maschinengewehr, das Hiram Maxim erfand, war die fürchterlichste Waffe des Ersten Weltkrieges. In der Ukraine wird die russische Variante der uralten aber effizienten Tötungsmaschine, das PM 1910, von beiden Seiten eingesetzt.

Hiram Maxim war ein rastloser Erfinder, als er 1916 starb, besaß er über 200 Patente. Doch eine Erfindung überragte alle anderen: Maxim hatte das Maschinengewehr in die Welt gebracht. Die Legende besagt, auf einer Ausstellung über Elektrizität habe ihm ein Mann einen Rat gegeben. Wenn er sehr reich werden wolle, müsse er nur ein Gerät erfinden, mit dem sich die Menschen in Europa effizienter töten könnten. Das war 1880.

Ob ernster Tipp oder nur eine zynische Bemerkung. Maxim nahm die große Aufgabe an und machte sich an die Arbeit. Schon zuvor gab es Schnellfeuerwaffen, sie wurden bereits im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 eingesetzt. Doch diese Mitrailleusen hatten einen Nachteil. Sie besaßen mehrere Läufe und jeder einzelne musste von Hand geladen werden – nach einer Garbe war das Gerät leer geschossen. Bei anderen Mehrschüssern wie Revolver und Repetiergewehr wurde die Munition mechanisch von Schützen aus dem Magazin zugeführt.

Maschinengewehr: Hiram Maxim entwickelte den ersten Selbstlader 

Maxims Gewehr hingegen fütterte sich selbst, es nutzte das "Rütteln" des Rückstoßes, der bei der Explosion einer Patrone entstand. Dieser Stoß wurde umgeleitet und warf die verbrauchte Hülse aus der Kammer, führte die nächste ein und löste dann auch noch den Schlagbolzen für den nächsten Schuss aus. Damit war der erste Selbstlader erfunden, der auch noch eine hohe Schussfolge erlaubte. Niemand musste mehr, wie bei anderen Konstruktionen, an einer Kurbel drehen.

WISSEN Panzerschreck 10.30

Die Munition wurde über Gurte zugeführt. Das Maxim MG erreichte eine Schussfolge von 500 Schuss in der Minute. Im Vergleich zu späteren leichten Maschinengewehren wie dem MG 42 – der Hitlersäge – mit 1500 Schuss erscheint das wenig. Aber 1885 war es ungeheuer viel und für die Aufgabe des Maxims auch mehr als genug. Ursprünglich war das Maxim sehr groß. Es wurde wie ein Geschütz auf eine Lafette mit großen Rädern gestellt, so dass es von einem Pferdewagen gezogen werden konnte. Sechs Mann waren für ein Maschinengewehr vorgesehen.

Erste Einsätze in den Kolonialkriegen

Das Maxim wurde in einer Zeit zwischen den großen Kriegen geboren. Die amerikanischen Bürgerkriege, der Deutsch-Französische Krieg und die italienischen Einigungskriege waren vorüber und zum nächsten großen Krieg war es noch eine Zeit hin. In der Zwischenzeit metzelten die Kolonialstaaten die Einheimischen mit der neuen Waffe nieder. Kriege, über die in Europa heute niemand gern spricht.

Der Erste Weltkrieg wurde von keiner Waffe so bestimmt, wie von Maxims Maschinengewehr und seinen Varianten. Hunderttausende von Männern stürmten in das MG-Feuer und wurden niedergemäht. Das deutsche "08/15", das britische Vickers und das russische PM 1910 sind allesamt verbesserte Versionen des Maxims. Vor allem die Lafette schrumpfte, das MG wurde meist auf einem kleinen Dreibein montiert, sodass man aus der Deckung schießen konnte. Die Konstruktion eines mechanischen Selbstladers blieb gleich und die Wasserkühlung des Laufes. Um den eigentlichen Lauf hatte schon Maxim einen Wasserkühler montiert, der die Hitze der Explosionen aufnahm und ein Ausglühen des Laufes verhinderte. Dadurch konnten das Maxim und seine Nachbauten relativ lange feuern, ohne zu überhitzen. Vor allem dann, wenn weiteres Kühlwasser zugeführt wurde. Zur Not wurde auch Urin benutzt.

Panzerfaust 3 15.57

Russen packen das MG auf einen Karren

Das britische Vickers-Modell wurde bis 1968 gebaut. Im Ukraine-Krieg wird heute das russisch-sowjetische PM 1910 benutzt, gebaut wurde es bis 1950. Beide Modelle haben allerdings einen Nachteil: Sie sind schwere und unhandliche MGs und nutzen dennoch nur Standardgewehrpatronen. Zukünftige Entwicklungen beschritten zwei unterschiedliche Wege. Leichtere Waffen, die ein Infanterist längere Zeit tragen konnte. Oder schwere MGs, die dann auch größere Kaliber benutzten. Das PM 1910 unterscheidet sich äußerlich von den anderen Varianten. Es wird auf einen kleinen zweirädrigen Karren montiert. Zusätzlich besitzt es einen schweren Schild aus Metall, der die Bedienung schützt. Es sieht aus wie eine Panzerabwehrkanone des Zweiten Weltkrieges in Miniatur. Die Karrenkonstruktion bietet zwei Vorteile. Das PM 1910 konnte hinter die Panjewagen der Russen gehängt werden und rumpelte dann hinterher. Durch das Gestell und den Schild wurde das PM 1910 zwar sehr schwer, ließ sich aber ziehen und musste nicht getragen werden. Für bewegliche Infanteriegruppen ist und war es wenig geeignet.

V2 Rakete 10.18

Das PM 1910 verfügt über eine robuste Konstruktion

In der Ukraine wird das PM 1910 von beiden Seiten genutzt. Am Boden, um damit befestigte Stellungen zu verteidigen. Kiew nutzt eine spezielle Variante zur Drohnenabwehr. Schon im Zweiten Weltkrieg wurde das PM 1910 als Vierlings-Flugabwehr-MG gebaut. In der UdSSR wurden außer Dienst gestellte Waffen häufig nicht vernichtet, sondern meist eingelagert. So kam es, dass die Ukraine einen Vorrat von über 30.000 der alten Maschinengewehre besitzt. Neben schweren Panzerbüchsen ist das PM 1910 die einzige Waffe aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges und davor, die in größerer Anzahl eingesetzt wird.

Wegen der Wasserkühlung sieht das PM 1910 besonders altertümlich aus. Alt muss aber nicht schlecht bedeuten. Das schwere MG der US-Streitkräfte, das Browning M2, wurde bereits 1918 entwickelt. Die heute üblichen Mörser bis zum Kaliber 120 Millimeter basieren auf Modellen des Ersten Weltkrieges. Trotz seiner Unhandlichkeit besitzt das PM 1910 einige bleibende Vorzüge. Das Gerät benötigt kaum Wartung und versagt nie. Wegen der reduzierten Schussfolge und der Kühlung mit Wasser kann es auch von untrainierten Schützen bedient werden, die ein modernes leichtes MG überhitzen würden.

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