
Die USA engagieren sich in Saudi-Arabien mit sogenannter Pendeldiplomatie für Frieden zwischen Russland und der Ukraine. Die ersten Gespräche laufen an. Doch Hoffnung auf eine schnelle Einigung gibt es nicht.
Vor dem Hintergrund der jüngsten US-Bemühungen um eine begrenzte Feuerpause im Ukraine-Krieg hat Moskau Kiew vorgeworfen, trotzdem weiter russische Energieanlagen zu beschießen. Während die russische Seite sich schon tagelang an eine entsprechende Abmachung hält und Präsident Wladimir Putin sofort das Kommando zur Einstellung solcher Angriffe gegeben hat, tut die Ukraine dies nicht, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow dem russischen Staatsfernsehen.
Putin und US-Präsident Donald Trump hatten bei einem Telefonat einen 30-tägigen Verzicht für Angriffe auf Energieanlagen ausgemacht. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte sich in einem Gespräch mit Trump dazu bereiterklärt. Die Details sollen allerdings erst bei den jetzt beginnenden Verhandlungen in Saudi-Arabien geklärt werden.
Peskow hingegen sprach dennoch bereits von einem Bruch der Abmachungen. Daraus sei zu ersehen, wie wenig man den Versicherungen der Ukraine trauen könne. Dem Kremlsprecher zufolge könnte dies zu einer nötigen neuen Verhandlungsrunde zwischen Putin und Trump führen. Experten sehen in den Vorwürfen einen Versuch, den Druck auf Kiew zu erhöhen, um die eigene Verhandlungsposition zu verbessern.
Selenskyj fordert "Druck" von Unterstützern
Währenddessen feuerte Russland mehrere Drohnen auf Kiew ab. Anschließend hat Selenskyj die Verbündeten seines Landes aufgerufen, für eine Beendigung des Krieges "Druck" auf Moskau auszuüben. "Neue Entscheidungen und neuer Druck auf Moskau sind notwendig, um diese Angriffe und diesen Krieg zu beenden", sagte der ukrainische Präsident. Zugleich forderte er "mehr Luftabwehrsysteme und eine wirkliche Unterstützung" des Westens.
Bei russischen Drohnenangriffen in der Nacht waren nach Angaben der Militärverwaltung von Kiew drei Menschen getötet worden, darunter ein fünfjähriges Mädchen und dessen Vater. Zu den zehn Verletzten zählte den Angaben zufolge ein elf Monate altes Kind. Von den Angriffen waren mehrere Viertel der ukrainischen Hauptstadt betroffen, insbesondere Wohngebäude wurden getroffen. Der Drohnenbeschuss verursachte zudem schwere Brände, wie der Rettungsdienst mitteilte und auf in Online-Netzwerken verbreiteten Bildern zu sehen war.
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha nannte dies einen "systematischen und willkürlichen Terror Russlands gegen Zivilisten". Es "widerspricht eigenen Äußerungen zu Frieden und untergräbt die Friedensbemühungen der USA und anderer Partner", fügte er hinzu. Der Chef des ukrainischen Präsidialbüros, Andrij Jermark, erklärte mit Blick auf den russischen Staatschef Wladimir Putin: "Russland stellt das Feuer nicht ein, Putin will noch mehr Zivilisten töten, dem muss ein Ende gemacht werden."
Kreml kritisiert europäische Aussagen
Doch Peskow kritisierte bereits das Engagement der Europäer. Die Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron über einen Atomschirm seien gefährlich, warnte der Kremlsprecher, der den Europäern einen aggressiven Militarismus vorwarf. Statt 800 Milliarden Euro in das Gesundheitswesen oder die Entwicklung der Infrastruktur zu investieren, wolle Europa das Geld für Rüstung und Militär ausgeben, klagte er. Russland selbst finanziert dabei die Bereiche Verteidigung und Sicherheit offiziellen Angaben nach im laufenden Jahr mit mehr als 40 Prozent seiner Haushaltsausgaben - für den sozialen Sektor sind 15 Prozent vorgesehen.
Am Nachmittag begannen schließlich die ersten Gespräche zwischen Vertretern der USA und der Ukraine in Riad. "Wir haben das Treffen mit der amerikanischen Seite begonnen", sagte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow. "Wir setzen die Weisung des ukrainischen Präsidenten um, einen gerechten Frieden näher zu bringen und die Sicherheit zu stärken."
Zunächst stünden - wie vorab angekündigt - Vorschläge zum Schutz von Energieanlagen und kritischer Infrastruktur auf der Tagesordnung. "Heute arbeiten wir uns durch eine Reihe komplexer technischer Fragen - unserer Delegation gehören sowohl Energieexperten als auch militärische Vertreter der Marine- und Luftstreitkräfte an."
Peskow erwartet "schwierige Verhandlungen"
In Saudi-Arabien wollen US-Vermittler getrennt mit den Vertretern Moskaus und Kiews über eine begrenzte Waffenruhe im Ukraine-Krieg verhandeln. Der US-Sondergesandte Keith Kellog sprach von einer Art Pendeldiplomatie, mit der die US-Delegation eine Annäherung zwischen den beiden Kriegsparteien erreichen wolle.
Bei den Verhandlungen wird es um mögliche Schritte zu einer Waffenruhe gehen. Russland wird in Riad durch den Außenpolitiker Georgi Karassin aus dem Föderationsrat und Geheimdienstler Sergej Besseda, einem Vertrauten von Kremlchef Wladimir Putin, vertreten sein.
Der US-Sondergesandte Steve Witkoff sagte dem US-Sender Fox News, er hoffe bei den Gesprächen in Saudi-Arabien auf "echte Fortschritte". Peskow dämpfte jedoch die Erwartungen: "Wir sind erst am Anfang dieses Weges", sagte er im russischen Staatsfernsehen. Es gebe viele ungeklärte "Fragen" und "Nuancen", wie eine Waffenruhe umgesetzt werden könnte. "Es liegen schwierige Verhandlungen vor uns."