Fake Food News: Der große Spinat-Schwindel

Spinat macht stark wie Popeye. Seit Generationen hören Kinder: "Iss deinen Spinat, der macht stark!" Eine Geschichte über einen der größten Ernährungsirrtümer aller Zeiten.

Wer kennt sie nicht, die Comic-Figur Popeye? Ein kräftiger Seemann, der durch eine Dose Spinat zu Superkräften gelangt. Generationen von Eltern nutzten den starken Matrosen als Vorbild, um ihren Kindern das grüne Gemüse schmackhaft zu machen. Der Grund: Spinat enthält besonders viel Eisen – und Eisen macht stark. Soweit die Geschichte.

Die Wahrheit ist komplexer. 

Eisen ist tatsächlich lebenswichtig: Es ist das wichtigste Spurenelement im menschlichen Körper. Ein erwachsener Mensch hat zwischen 2,3 und 4,4 Gramm Eisen im Körper. Der Großteil steckt im Blutfarbstoff Hämoglobin und ist am Sauerstofftransport beteiligt. Auch für die Energiegewinnung, die DNA-Synthese und viele Stoffwechselprozesse ist Eisen unverzichtbar.

Tatsächlich enthält frischer Spinat aber nur etwa 3,5 Milligramm Eisen pro 100 Gramm. Zum Vergleich: In Linsen stecken 8 Milligramm, in Kürbiskernen sogar 12,5 Milligramm. Lange hielt sich die Geschichte, ein simpler Fehler sei schuld an dem Mythos vom eisenhaltigen Spinat. Ein Schweizer Wissenschaftler habe 1890 ein Komma falsch gesetzt, und so seien aus 3,5 Milligramm plötzlich 35 Milligramm geworden. Eine schöne Geschichte – die sich allerdings ebenfalls als Mythos entpuppte. STERN PAID 36_22 Genusskolumne Rezept Schlutzkrapfen Bergtröster 15.05

Die eigentliche Verwirrung entstand durch die Verwechslung von frischem und getrocknetem Spinat. Bei getrocknetem Spinat stimmt der höhere Eisenwert ungefähr. Aber kaum jemand isst getrockneten Spinat.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Männern 11 Milligramm Eisen pro Tag. Frauen zwischen 19 und 50 Jahren benötigen mit 16 Milligramm deutlich mehr, Schwangere sogar 27 Milligramm. Das Problem dabei: Pflanzliches Eisen, auch nicht-Hämeisen genannt, kann der Körper nur zu 5 bis 10 Prozent aufnehmen. Bei tierischem Eisen (Hämeisen) liegt die Aufnahmerate deutlich höher. Spinat Infokasten

Ist Spinat nutzlos?

Trotzdem: Spinat ist alles andere als nutzlos. Er enthält viel Vitamin C, das die Eisenaufnahme unterstützt, ist reich an Folsäure und liefert wichtige Antioxidantien. Ein Tipp der DGE: Die Kombination von eisenreichen Lebensmitteln mit Vitamin-C-reichen Lebensmitteln wie Paprika oder Zitrusfrüchten verbessert die Eisenaufnahme deutlich. Hingegen sollte man während sowie kurz vor oder nach den Mahlzeiten keinen Kaffee oder schwarzen Tee trinken – diese können die Eisenaufnahme hemmen.

Und Popeye? Der starke Seemann wurde 1929 von dem Amerikaner E.C. Segar erfunden – als der Spinat-Irrtum bereits in der Welt war. Die Werbeindustrie griff die Geschichte dankbar auf. Der Rest ist Geschichte.

Quellen:BzfE, DGE