Das Land sei noch nie so gespalten gewesen, warnt Ex-Präsident Joe Biden in seiner ersten Rede seit Januar. Er spricht leise, doch seine Worte sind deutlich.
Der amerikanische Ex-Präsident Joe Biden hat in seiner ersten größeren Rede seit der Amtseinführung von Donald Trump vor einer tiefen Spaltung des Landes gewarnt. "Wir können so nicht weitermachen, so gespalten wie wir sind", sagte Biden. Er sei schon lange dabei, sagte der 82-jährige Demokrat bei einer Konferenz in Chicago. "Es (das Land) war noch nie so gespalten", erklärte er in Bezug auf die Anhänger Trumps und der Demokraten.
Er sprach meist mit sehr leiser Stimme, hob sie aber manchmal an, etwa zu dem Aufruf am Schluss: "Es gibt nichts, was Amerika nicht schaffen kann, wenn wir es gemeinsam tun."
Joe Biden spricht von "atemberaubenden" Schäden
Bei der Konferenz ging es um das Sozialversicherungssystem. Biden kritisierte die Kürzungen der neuen Regierung in diesem Bereich. In weniger als 100 Tagen habe die Regierung viel Schaden angerichtet, so viel zerstört. "Es ist geradezu atemberaubend", sagte Biden.
Die Regierung wolle die Sozialversicherung zerstören, die sie teilweise mit einem betrügerischen Ponzi-System vergleiche, sagte Biden. "Wovon zum Teufel reden die? Die Menschen haben diese Leistungen verdient." Die Regierung habe bereits 7000 Mitarbeiter entlassen. Das habe massive Folgen, die Menschen könnten nicht einmal mehr auf der Internetseite Anträge einreichen, da die Webseite wegen Kürzungen im IT-Bereich abstürze.
Die Social Security Administration zahlt jährlich 1,4 Billionen Dollar an Leistungen an 73 Millionen ältere und behinderte Amerikaner aus. Trump hat während seiner Wahlkampagne wiederholt versprochen, die Leistungen nicht anzutasten. Mitglieder der Effizienzbehörde DOGE von Tech-Milliardär Elon Musk suchen allerdings seit Februar nach Einsparmöglichkeiten. Mindestens 7000 Mitarbeiter sollen entlassen und Büros geschlossen werden.
Trumps Pressesprecherin Karoline Leavitt reagierte auf Bidens Rede. "Präsident Trump ist sich absolut sicher, dass er die Sozialversicherungsleistungen für gesetzestreue, steuerzahlende amerikanische Bürger und Senioren, die in dieses Programm eingezahlt haben, schützen wird", sagte sie zu Journalisten. "Er wird dieses Programm immer schützen."
Demokraten äußerten wohl Bedenken vor Auftritt
Am Schluss der Rede ging Biden mit langsamen Schritten vom Podium eine Treppe runter und sprach kurz mit Zuhörern in der ersten Reihe. Der Sender CNN hatte berichtet, viele führende Demokraten und auch ehemalige enge Mitarbeiter hatten gehofft, dass Biden einfach still seine Rente genieße und sich nicht öffentlich äußere.
Biden war im vergangenen Juli nach einem misslungenen Auftritt bei einem TV-Duell aus dem Rennen um eine zweite Amtszeit ausgestiegen. Schon zuvor war der Demokrat wegen seines Alters und Zweifeln an seiner mentalen Fitness in der eigenen Partei massiv unter Druck geraten. Seine Stellvertreterin Kamala Harris hatte übernommen, war aber Trump bei der Wahl unterlegen.