Verkauft Temu gefälschte oder gar gefährliche Produkte? Die EU-Kommission hat dazu nun ein formales Verfahren gegen den in China gegründeten Billig-Onlinehändler eröffnet.
Die EU-Kommission sagt dem Onlinehändler Temu den Kampf an. Die Brüsseler Behörde verdächtigt Temu, gegen das EU-Gesetz für digitale Dienste zu verstoßen, und hat dazu nun ein formales Verfahren eingeleitet. Ziel ist es zu prüfen, ob die Plattform etwa ausreichend gegen den Verkauf illegaler Produkte vorgeht.
Unseriöse Händler schaden den Verbrauchern
Dabei gehe es um gefälschte oder sogar gefährliche Produkte auf der Plattform, so die Kommission. Bestimmte unseriöse Händler würden wieder auf der Plattform auftauchen, nachdem sie gesperrt worden seien, hieß es von der Behörde.
Vizekommissionspräsidentin Margrethe Vestager forderte Temu auf sicherzustellen, dass die Produkte auf der Plattform "den EU-Standards entsprechen und den Verbrauchern nicht schaden".
Macht Temu "potenziell süchtig"?
In dem Verfahren untersucht die EU-Kommission auch das Design der Online-Plattform, das Käufer durch Belohnungsprogramme "potenziell süchtig" machen und zu ungeplanten Ausgaben verleiten soll. Das könne negative Folgen für das körperliche und geistige Wohlbefinden der Verbraucher haben. Die Kommission will nun weiter Beweise sammeln, etwa durch Befragungen. Die Brüsseler Behörde hatte bereits ähnliche Verfahren gegen X, TikTok und AliExpress eröffnet.
Mit ihrer Kritik an Temu steht die EU-Kommission indes nicht allein da: Auch das Bundeswirtschaftsministerium und Verbraucherverbände befürworten eine härtere Gangart gegen Temu sowie andere Billighändler wie Shein. In Deutschland zählt Temu bereits nach gerade einmal anderthalb Jahren am Markt zu den größten Onlinehändlern
EU fordert mehr Transparenz von Temu
Die EU-Kommission hatte Temu am 11. Oktober bereits zum zweiten Mal im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste zu mehr Transparenz aufgefordert. Der Onlinehändler solle darlegen, wie er verhindert, dass Händler seine Plattform für den Verkauf illegaler Produkte missbrauchen.
Außerdem musste Temu zusätzliche Informationen dazu liefern, wie das Unternehmen Risiken im Zusammenhang mit dem Verbraucherschutz, der öffentlichen Gesundheit und dem Wohlergehen der Nutzerinnen und Nutzer eindämmt. Temu sollte die angeforderten Informationen bis zum 21. Oktober 2024 vorlegen.
Temu droht hohes Bußgeld
Mit der Eröffnung eines offiziellen Verfahrens zieht die EU-Kommission die Daumenschrauben für den Billig-Onlinehändler weiter an. Hintergrund ist das EU-Gesetz für Digitale Dienste (Digital Services Act, DSA), das großen Online-Plattformen besondere Sorgfaltspflichten auflegt. Bei nachgewiesenen Verstößen kann die EU-Kommission ein Bußgeld von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes verhängen.
Temu erklärte sich derweil zur Zusammenarbeit mit den europäischen Behörden bereit. Ziel des Unternehmens sei ein "sicherer, vertrauenswürdiger Marktplatz für Verbraucher", so Temu.
Angespannte Handelsbeziehungen zu China
Das Brüsseler Verfahren gegen Temu kommt zu einem Zeitpunkt, da die wirtschaftlichen Spannungen mit China zunehmen. Seit gestern gelten EU-Zusatzzölle auf aus China importierte Elektroautos.
Vor dem Beschluss der EU-Kommission hatte Anfang des Monats eine ausreichend große Mehrheit der EU-Staaten für die Strafzölle gestimmt. Deutschland votierte gegen die Maßnahme, aus Sorge vor einem neuen großen Handelskonflikt und möglichen Vergeltungsmaßnahmen gegen deutsche Hersteller.