Das Spendenaufkommen bleibt auch in diesem Jahr hinter den Rekordjahren 2021 und 2022 zurück. Einer neuen Studie zufolge hängt die Spendenbereitschaft auch mit parteipolitischer Neigung und Alter zusammen.
Geht es nach Dominik Enste, dann gibt es so etwas wie eine Formel für die Spendenbereitschaft. "Persönlichkeit plus Anlass", so bringt es der Verhaltensökonom vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) auf den Punkt.
"In den Jahren 2021 und 2022 gab es durch die Flut im Ahrtal und den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zwei herausragende Anlässe, die Menschen zum Spenden bewegt haben", sagt Enste, der das Spendenverhalten der Deutschen in einer Studie untersucht hat.
Hohe Spendenbereitschaft nach Katastrophen
Tatsächlich lassen sich solche Großereignissen klar in den Statistiken des Deutschen Spendenrates ablesen. In Folge der Flutkatastrophe haben die Deutschen im Juli und August 2021 etwa doppelt so viel Geld gespendet wie in den jeweiligen Monaten des Folgejahres.
Im März 2022 - kurz nach Beginn des russischen Angriffs - lagen die Summen fast dreimal so hoch wie in einem gewöhnlichen Monat. In den Jahren 2023 und 2024 habe es hingegen keine vergleichbaren Ereignisse gegeben, so IW-Forscher Enste. Infolgedessen sei auch das Spendenaufkommen zurückgegangen.
Höhere Bildung, mehr Spenden
Der zweite Teil der Formel, die Persönlichkeit, ist schwieriger zu messen. Forschende behelfen sich hier unter anderem mit dem Bildungsgrad von Personen und mit deren parteipolitischer Präferenz. Menschen mit höherer Bildung spenden tendenziell mehr als diejenigen mit niedrigeren Bildungsabschlüssen, so die IW-Forscher in ihrer Untersuchung. Das gelte auch dann, wenn man die Einkommenssituation berücksichtige.
Gleiches gelte bei der parteipolitischen Präferenz. Anhänger der Grünen spenden demnach am meisten, bei AfD-Anhängern ist die Spendenbereitschaft am niedrigsten. In der Befragung des Instituts gaben 59 Prozent der Grünen-Anfänger an, gespendet zu haben. Bei AfD-Anhängern waren es hingegen nur 28 Prozent.
IW-Studie: Jüngere geben mehr
Unerwartete Erkenntnisse gab es für die IW-Forschenden mit Blick auf das Alter. "Uns hat es überrascht, dass junge Menschen im Durchschnitt mehr spenden als ältere Personen", sagt Dominik Enste. Bei den 18- bis 29-Jährigen lag die Spendenhöhe bei mehr als 600 Euro im Jahr 2023, im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung waren es hingegen gut 400 Euro.
Das Deutsche Rote Kreuz spricht die junge Zielgruppe gezielt an. "Wir merken, dass wir vor allem jüngere Menschen insbesondere über die Sozialen Medien erreichen und dort auf unsere wichtige Arbeit aufmerksam machen können." Bei älteren Menschen sei hingegen weiterhin die Kontaktaufnahme per Post der wichtigste Weg der Kontaktierung.
Was gegen eine Zweckbindung spricht
Der mit Abstand größte Teil der Spenden in Deutschland geht mit circa 75 Prozent an Organisationen, die im Bereich der humanitären Hilfe tätig sind. Dazu gehört neben der Katastrophenhilfe unter anderem auch die Kinder- und Jugendhilfe. Bei der nicht-humanitären Hilfe liegt der Tierschutz vorne, gefolgt von Umwelt- und Naturschutz sowie der Kultur- und Denkmalpflege.
Für die Organisationen der humanitären Hilfe ist das schwankende Spendenverhalten infolge von Großereignissen eine besondere Herausforderung. "Mit einem Stichwort für den Verwendungszweck versehene Spenden beinhalten die Verpflichtung, das Geld entsprechend dem geäußerten Wunsch zu verwenden", sagt Jann Chounard, der die Spendenabteilung von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland leitet.
Die Organisation bittet daher explizit um Spenden, die nicht zweckgebunden sind. So könne man auch an Orten helfen, die weniger mediale Aufmerksamkeit bekommen. "Aktuelle Beispiele hierfür sind die katastrophale humanitäre Lage im Sudan oder im Tschad", so Chounard.
Spendenaufkommen steigt 2024 leicht an
Für dieses Jahr erwartet der Deutsche Spendenrat einen leichten Anstieg des Spendenaufkommens von etwas mehr als zwei Prozent im Vergleich zum Jahr 2023. Das sei angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage und der Inflation in Deutschland bemerkenswert, stellt der Spendenrat fest.
Allerdings haben die gestiegenen Preise auch Auswirkungen auf die Hilfsorganisationen selbst. Der Zuwachs im Spendenaufkommen dürfte durch die Inflation also wieder aufgefressen werden.