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Kritik an der Förderung des Deutschlandtickets gibt es seit jeher. Die Union liebäugelt gar mit der Abschaffung. Die Chefin des Hamburger Verkehrsverbundes warnt aber vor dem Schritt. Die Zahlen, die Kritiker ins Feld führen, seien nicht korrekt.
Ein Ende des Deutschlandtickets würde den Staat nach Ansicht der Chefin des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV), Anna-Theresa Korbutt, weit weniger entlasten als allgemein angenommen. Ohne das 58-Euro-Abonnement würden die Fahrgeldeinnahmen nicht um etwa 3 bis 3,3 Milliarden Euro im Jahr steigen. Vielmehr bliebe laut Korbutt "eine Finanzierungslücke von 1,4 Milliarden Euro im Jahr" bestehen. Das habe eine Rechnung des HVV für das Bundesgebiet ergeben.
Damit widerspricht Korbutt unter anderem einflussreichen Politikern aus CDU und CSU, die die Kosten für das Deutschlandticket zuletzt als nicht mehr finanzierbar bezeichneten. Sie liebäugeln damit, das Abonnement nach der Bundestagswahl abzuschaffen, um Kosten zu sparen. Bund und Länder gleichen die Mindereinnahmen der Branche noch bis Ende 2025 je zur Hälfte aus.
Korbutt: Fahrgäste zahlen horrende Preise nicht mehr
Die offiziell errechnete Finanzierungslücke von gut drei Milliarden Euro beim Deutschlandticket gehe von überholten Annahmen aus, sagt Korbutt. "Woher wissen wir überhaupt, wie hoch die Einnahmen ohne Deutschlandticket wären?" Sie kritisiert, dass man die vergleichsweise hohen Erlöse von 2019 unter bestimmten Annahmen einfach fortgeschrieben hat, um die Einnahmen für die Gegenwart in einem Tarifsystem ohne Deutschlandticket zu simulieren. Heutzutage seien Fahrgäste aber viel weniger bereit, damals übliche Preise von 150 oder 250 Euro für ein Abonnement zu zahlen - etwa, weil sie häufig im Homeoffice arbeiten könnten.
"In einer Welt ohne Deutschlandticket müssten die Länder, die grundsätzlich für die Finanzierung des ÖPNV verantwortlich sind, letztlich ähnlich viel für den ÖPNV bezahlen, wie sie es jetzt mit dem Deutschlandticket tun", schlussfolgert Korbutt und plädiert dafür, den Fahrschein beizubehalten. Um Kosten zu sparen, müssten die Verkehrsbetriebe "Strukturen verschlanken" und "Tarife vereinfachen". Das Deutschandticket biete dafür ideale Voraussetzungen.
Korbutt ist seit 2021 Geschäftsführerin des HVV. Zuvor arbeitete sie für die Österreichischen Bundesbahnen, bei der Schweizer Privatbahn BLS und bei der Deutschen Bahn.