3 months ago

E-Rechnung: Ich stell' dann mal (schnell) um!



Ein Erfahrungsbericht zur Implementation von E-Rechnung in einer Firma, die auf Open Source setzt.

Als vor ein paar Wochen morgens in der Tagesschau angekündigt wurde, dass 2025 die E-Rechnungspflicht eingeführt wird, habe ich mir schon vor Freude die Hände gerieben. Das ist nicht ironisch gemeint.

Als IT-Knecht und Rechnungsersteller (im Home-Office) meines Familienbetriebs passiert nicht oft etwas Neues oder nervenaufreibendes, eine Herausforderung, die es zu bewältigen gilt.

Was für den IT-Affinen ein Festschmaus sein könnte, ist für den Anderen das blanke Chaos. Ungefähr 2 Stunden nach der Tagesschau rief dann mein Chef an und bat mich bis Ende des Jahres eine Lösung zu finden. Problem war nur, dass ich die Lösung schon seit einer Stunde parat hatte.

Ich habe das Unternehmen vor 2 Jahren auf Open Source umgestellt. Die PCs laufen alle auf Linux Mint, Datenaustausch findet über Nextcloud statt, das Troubleshooting meinerseits wird über RustDesk abgehandelt.

Für meine Büro-Tätigkeit nutze ich Fakturama, ein Open-Source-Invoice-Tool, das ich mir für unsere Anforderungen zurechtbiegen kann.

Bild: https://www.fakturama.info/

Das Tool liegt zurzeit in der Version 21.3c vor und sollte anstandslos auf Debian 12 und Ubuntu 22.04 laufen. Eine Beta der Version 22 ist vor Kurzem erschienen, welche das Programm auch unter Trixie und Noble lauffähig macht. Allerdings sind mir beim finalen Erstellen von Rechnungen hier Fehler bzw. nicht existierende Absätze in den Empfängerdaten aufgefallen, sodass die automatisierte Nutzung noch nicht zu empfehlen ist.

E-Rechnung mit Fakturama

Das Programm ist umfangreich; ein Schnellkurs ist an dieser Stelle nicht zu erwarten. Letztendlich geht es hier nur um die E-Rechnungsfunktion. Diese ist relativ schnell abgehandelt und kommt ohne große Bastelarbeiten aus.

Unter Datei > Einstellungen > Office-Integration findet man die Ausgabemöglichkeiten der Dokumente. Hier muss nichts verändert werden; lediglich die Struktur des Pfads ist für uns von Interesse. Diesen sollten wir uns kopieren.

Als letzten Punkt im Treeview des Menüs finden wir ZUGFeRD Einstellungen. Für unseren Betrieb habe ich die Ausgabe als XRECHUNG ausgewählt, der Kunde kann auf Anfrage entscheiden, ob er die Rechnung zusätzlich als PDF erhalten möchte.

FAQ der Bundesregierung zu XRECHUNG

https://www.e-rechnung-bund.de/faq/xrechnung/

Bei der Erstkonfiguration ist der Standardpfad noch leer. Hier kommt die zuvor gemerkte Pfadstruktur zum Einsatz. Beim Setzen des Pfads muss darauf geachtet werden, einen Vollpfad anzugeben. Das Überverzeichnis (z. B. „XML“) sollte zuvor erstellt worden sein. Die Zuordnung zu einem Ordner des betreffenden Jahres funktioniert, ebenso die Erstellung einer Datei mit Rechnungsnummer und Kundennamen.

/PFAD/ZU/Dokumente/XML/{yyyy}/{doctype}/{docname}_{address}.xml

Nachdem die Änderungen bestätigt worden sind, wird nun beim Drucken zusätzlich eine XML-Datei erstellt.

XRECHUNGEN auslesen

Der geübte Anwender ist freilich in der Lage, eine XML-Datei zu lesen. Endanwender wie Chefs oder Kunden haben es da vielleicht etwas schwerer. Auf GitHub gibt es einige Tools, die das Auslesen standardisierter Rechnungsformate ermöglichen. Für mich war die praktikabelste Lösung die OpenXRechnungToolbox.

https://github.com/jcthiele/OpenXRechnungToolbox

Nachdem man das Tool geklont hat, muss die .sh-Datei noch mit chmod +x ausführbar gemacht werden. Das Erstellen einer .desktop-Datei ist empfehlenswert.

Wird das Tool ausgeführt, findet man eine sehr simple Oberfläche vor, die Drag & Drop ermöglicht.

Eine kurze Wartezeit und die grafische Aufarbeitung der Daten wird angezeigt.

Fazit

Mal schnell umstellen ist möglich. Das Interessante an der Thematik ist, dass sich wohl vor allem die Menschen Gedanken über die E-Rechnung machen, die davon, wenn überhaupt, nur peripher tangiert werden. Am Ende liegt die Umsetzung bei der IT-Abteilung einer Firma. Ein Büroangestellter sollte sich keine Gedanken über die Umsetzung machen müssen. Selbständige, die alles selbst stemmen, müssen sich natürlich einarbeiten. Von proprietären Lösungen sollte zu erwarten sein, dass eine Lösung längst vorhanden ist. FOSS kann das aber auch schon.

Ich selbst war überrascht, wie schnell und einfach ich mit Fakturama eine E-Rechnung erstellen konnte. Das Programm zum Auslesen dient lediglich dem besseren Verständnis für Chef und Steuerfachangestellte.

Wenn jetzt noch jeder Kunde bereitwillig seine E-Mail-Adresse angibt, kann 2025 kommen.


GNU/Linux.ch ist ein Community-Projekt. Bei uns kannst du nicht nur mitlesen, sondern auch selbst aktiv werden. Wir freuen uns, wenn du mit uns über die Artikel in unseren Chat-Gruppen oder im Fediverse diskutierst. Auch du selbst kannst Autor werden. Reiche uns deinen Artikelvorschlag über das Formular auf unserer Webseite ein.
Gesamten Artikel lesen





© Varient 2025. All rights are reserved