2 days ago

Der Krieg kehrt zurück: Für den Südsudan ist es wieder 2013



Nur ein paar Jahre hat der Friede im Südsudan gehalten. Jetzt droht das jüngste Land der Welt erneut in den Bürgerkrieg zu schlittern. Die Ursachen sind dieselben wie zuvor.

Es war schon spät am Abend, als ein Konvoi schwer bewaffneter Soldaten vor der Villa des Vizepräsidenten von Südsudan parkte und das Grundstück in der Hauptstadt Juba stürmte. Sie entwaffneten die Leibwächter von Riek Machar und stellten ihn und seine Frau, die als Innenministerin dient, unter Hausarrest.

Kurz darauf waren außerhalb von Juba die ersten Schüsse zu hören. Es kam zu Gefechten zwischen Armee-Einheiten, die loyal zu Machar sind, und Truppen, die auf den Befehl von Präsident Salva Kiir hören. Ein Sprecher von Kiir spielte später die Sache herunter. Er ließ erklären, dass Machar nicht unter Hausarrest stehe, sondern lediglich dazu aufgefordert worden sei, seine Amtsgeschäfte vom Home-Office aus zu tätigen.

Klar ist: Die internen Machtkämpfe im Südsudan spitzen sich wieder gefährlich zu. Bereits in der Vergangenheit hat die Rivalität zwischen Präsident Kiir und dessen Vize Machar zum Bürgerkrieg geführt. Im Jahr 2013 startete der letzte Krieg auf genau dieselbe Weise: Damals beschuldigte Kiir (von der Ethnie der Dinka) seinen Vize Machar (von der Ethnie der Nuer), einen Putsch zu planen, und setzte ihn in seiner Villa fest. Daraufhin begannen die Kämpfe zwischen internen Fraktionen der Armee, die sich - je nach ihrer ethnischen Zugehörigkeit - entweder Kiir oder Machar anschlossen.

Sieben Jahre Krieg

Mehr als zehn Jahre später wiederholt sich dieses Szenario. Damit steht der mühsam ausgehandelte Friedensvertrag von 2018 kurz vor dem Kollaps, und das Land, das erst 2011 vom nördlichen Nachbarn Sudan unabhängig wurde, driftet erneut zurück in den Bürgerkrieg.

(Foto: picture alliance/AP Images)

Im bislang letzten Krieg, der 2013 begann und bis 2020 anhielt, verloren über 400.000 Menschen ihr Leben, über vier Millionen wurden vertrieben. Es kam zu Massakern zwischen den Volksgruppen der Dinka und der Nuer, die sich um die Macht streiten. Nach langen und zähen Verhandlungen unterzeichneten die beiden Erzrivalen Kiir und Machar 2018 einen Friedensvertrag und formierten im Jahr 2020 gemeinsam eine Übergangsregierung, in welcher Machar als Vizepräsident eingesetzt wurde. Seine loyalen Kämpfer wurden in die nationale Armee integriert und er formierte eine politische Partei, die SPLA-IO (Sudanesischen Volksbefreiungsarmee in der Opposition).

Eigentlich waren nun für den Dezember vergangenen Jahres Wahlen angedacht, so sah es zumindest der Friedensvertrag vor. Doch Präsident Kiir hat den Wahltermin mehrfach verschoben, zuletzt auf Dezember 2026.

Dem Staat fehlt Geld

Als Grund nannte er immer wieder fehlende Finanzmittel. Denn seit Ausbruch des Krieges im nördlichen Nachbarland Sudan 2023 ist Südsudans Wirtschaft schwer gebeutelt. Der Hauptteil des Staatshaushalts kommt aus dem Export von Rohöl. Dieses wird normalerweise über ein Pipelinesystem auf den Weltmarkt gepumpt, das durch das Nachbarland Sudan bis ans Rote Meer führt. Doch aufgrund der Kämpfe im Sudan sind die Pipelines teilweise zerstört, Südsudans Öl kann somit nicht exportiert werden - dadurch fehlen dem Staat die Haupteinnahmen.

Die Opposition, allen voran Machar, wirft dem 73-jährigen Präsidenten Kiir jedoch vor, er wolle mit allen Mitteln an der Macht bleiben. Als Reaktion darauf ließ Kiirs Sicherheitsapparat in den vergangenen Wochen Dutzende von Machars loyalen Ministern, Generälen und Geheimdienstoffizieren verhaften. Dies führte zu gewaltsamen Auseinandersetzungen in verschiedenen Landesteilen: Im Bundesstaat Upper Nile, rund um die Stadt Nasir im Nordosten des Landes, kam es zu Kämpfen zwischen der Miliz "Weiße Armee", die Machar nahesteht, und Kiirs Truppen. Kampfjets warfen Bomben ab. Dabei wurden Dutzende Menschen getötet und ein UN-Hubschrauber abgeschossen, der Verletzte bergen wollte.

Die Vereinten Nationen, die seit 2011 im Südsudan die UN-Stabilisierungsmission UNMISS mit über 14.000 Blauhelmen unterhalten, sind in Alarmbereitschaft. Die Führer des Landes stünden "kurz davor, in einen umfassenden Konflikt zurückzufallen", sagte der UN-Chef im Südsudan, Nicholas Haysom. Er rief alle Parteien dazu auf, "Zurückhaltung zu üben und das erneuerte Friedensabkommen einzuhalten".

Uganda mischt gewaltig mit

Auch ausländische Diplomaten fürchten einen erneuten Krieg. Die deutsche Bundesregierung hat bereits in der vergangenen Woche die Botschaft in Juba schließen lassen, das Personal zurückgerufen. Dasselbe hat Norwegen getan. Die USA und Großbritannien haben ihre Personalstärke auf ein Minimum reduziert und ihre Staatsbürger dazu aufgefordert, das Land zu verlassen. Die meisten sind ins südliche Nachbarland Uganda ausgeflogen.

Uganda spielt für Südsudan eine wichtige Rolle. Fast eine Million Flüchtlinge aus dem Südsudan leben in Uganda. Die meisten sind während des Krieges 2013 geflohen und nie zurückgekehrt. Ugandas Präsident Yoweri Museveni unterstützte in der Vergangenheit Präsident Kiir. Bei Kriegsausbruch 2013 hat er Abertausende ugandische Soldaten nach Juba entsandt, um Kiir an der Macht zu halten. Dieser traut seiner eigenen Armee nicht so ganz, da darin auch Offiziere dienen, die Machar nahestehen.

Auch dies wiederholt sich nun. Vergangene Woche hat Kiir erneut seinen ugandischen Amtskollegen angerufen und um Militärhilfe gebeten. Nur wenige Stunden später schickte Museveni Spezialeinheiten über die Grenze. Ugandas Parlament bestätigt, dass die Kosten für diesen Militäreinsatz von Südsudans Regierung übernommen werden. Doch damit riskiert Uganda erneut, in den Krieg mit hineingezogen zu werden.

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