CDU-Politikerin Julia Klöckner tritt das zweithöchste Amt in Deutschland an. Doch die neue Bundestagspräsidentin wird wegen einiger Aussagen auch kritisch gesehen.
Zumindest protokollarisch ist Julia Klöckner jetzt die Nummer zwei in der Bundesrepublik sein – hinter dem Bundespräsidenten und noch vor dem Bundeskanzler. Die Abgeordneten hat sie zur Bundestagspräsidentin für die neue Legislaturperiode gewählt Klöckner übernimmt ein repräsentatives Amt, in dem sie für gutes Benehmen und Ausgleich im Parlament sorgen soll. Vor allem mit einer deutlich gewachsenen AfD-Fraktion kann diese moderierende Rolle durchaus zur Herausforderung werden.
Klöckner erhielt in der konstituierenden Sitzung 382 Ja-Stimmen. Doch die CDU-Politikerin ist nicht unumstritten und hat sich in der Vergangenheit einige Ausrutscher geleistet.
Julia Klöckner: Von der Weinkönigin zur Ministerin
Klöckner, Jahrgang 1972, stammt aus einer Winzerfamilie in Rheinland-Pfalz. Die Liebe zum Weinanbau prägte ihre Laufbahn während und nach dem Studium (Theologie und Politikwissenschaft in Mainz): 1995 wurde sie zur Deutschen Weinkönigin gewählt und repräsentierte ein Jahr lang ehrenamtlich das deutsche Winzertum. Nach der Uni arbeitete sie vorübergehend freiberuflich für den öffentlich-rechtlichen Sender SWR.
Danach wandte sie sich aber auch beruflich wieder ihrer Wein-Leidenschaft zu. Klöckner fing in Neustadt an der Weinstraße beim Meininger Verlag an, der auf Wein- und Getränkepublikationen spezialisiert ist. Dort arbeitete sie sich bis zur Chefredakteurin hoch und leitete die Redaktion des "Sommelier-Magazins", ehe sie in die Berufspolitik wechselte. Noch heute serviert sie Besuchern in ihrem Bundestagsbüro gern ein Glas Wein.
In die CDU trat Klöckner mit 25 Jahren ein, damals noch als Studentin. Auch hier legte sie einen schnellen Aufstieg hin – allerdings auch dank der Frauenquote in der Union. Diese sicherte ihr 2002 nämlich Platz sechs auf der Landesliste in Rheinland-Pfalz und damit den Einzug in den Bundestag. Dort setzt sich Klöckner vor allem in den Feldern Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ein, auch die Organspende zählt zu ihren Herzensthemen. Folgerichtig wurde sie 2009 zur Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium berufen.
Zwei Wahlen in Rheinland-Pfalz verloren
2011 zog es Julia Klöckner zurück in die Heimat, in Rheinland-Pfalz trat sie für das Amt der Ministerpräsident an. Allerdings unterlag sie ganz knapp dem Amtsinhaber Kurt Beck (SPD). Auch im zweiten Anlauf fünf Jahre später klappte es für die CDU-Spitzenkandidatin nicht mit dem Wahlsieg. Sie verlor diesmal gegen Becks Nachfolgerin Malu Dreyer.
Der Karriere von Klöckner taten diese beiden Niederlagen jedoch keinen Abbruch – im Gegenteil. Angela Merkel holte sie zurück nach Berlin und machte sie zur Landwirtschaftsministerin. Das Amt füllte Klöckner in Merkels letzter Legislaturperiode aus. Dabei unternahm Klöckner unter anderem einen Anlauf für ein Tierwohl-Logo für Fleisch im Supermarkt, das aber nicht ins Ziel kam. Sie setzte jedoch die Einführung des Nährwert-Logos Nutri-Score auf dem deutschen Markt um und stieß freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft an.
Fehltritte: Ein Nestlé-Video und andere umstrittene Aussagen
Doch nicht immer präsentierte sich die Pfälzerin trittsicher auf dem politischen Parkett. Insbesondere ein Video, in dem Klöckner den Nahrungsmittelkonzern Nestlé für den reduzierten Zucker-, Salz- und Fettgehalt seiner Lebensmittel lobte, hängt ihr bis heute nach. Politiker, Medien und Verbraucherschützer warfen ihr vor, als Ministerin Werbung für ein – zudem umstrittenes Unternehmen – zu machen. Zudem stellte sich heraus, dass die Angaben von Nestlé auch nicht immer der Wahrheit entsprachen.
Kritik gab es auch, als die Ministerin medienwirksam zusammen mit Promi-Koch Johann Lafer ein Gericht zubereitete. Gut und günstig sollte es sein, im Anschluss kam aber heraus, dass für die Mahlzeit Billigfleisch verwendet wurde.
Immer wieder fiel Klöckner mit fragwürdigen Aussagen auf, die einer Überprüfung nicht standhielten. Der Berliner "Tagesspiegel" warf ihr "Unehrlichkeit als roter Faden einer Karriere" vor. So postete Klöckner einen Artikel zu Zahnarztkosten, die angeblich von Asylbewerbern verursacht würden. Die Zahlen stellten sich als falsch heraus, der Beitrag von Klöckner dazu ist aber bis heute abrufbar. Auch die SPD-Fraktion warf der CDU-Politikerin in einem anderen Zusammenhang vor, zur Bildungspolitik "massiv Falschbehauptungen in die Welt" zu setzen. Eine Aussage zur Pestizidpolitik während ihrer Zeit als Landwirtschaftsministerin stellte sich als nicht korrekt heraus, berichtete die "taz".
Vor der jüngsten Bundestagswahl schließlich trat Klöckner im Wahlkampf in ein Fettnäpfchen. "Für das, was Ihr wollt, müsst Ihr nicht AfD wählen. Dafür gibt es eine demokratische Alternative: die CDU", postete sie auf Instagram. Der Beitrag sorgte selbst in der eigenen Partei für Irritationen, schließlich betont die Union immer wieder ihre Abgrenzung zur in Teilen rechtsradikalen AfD. Klöckner löschte den Post und beschwerte sich, dieser sei von "linken Gruppen" instrumentalisiert worden.
Konsequenzen hatte für Klöckner ein eher kleiner Fauxpas bei der Bundespräsidentenwahl. Als Schriftführerin war sie an der Auszählung beteiligt und twitterte die Wahl von Horst Köhler, noch bevor das Ergebnis offiziell bekanntgegeben wurde. Klöckner entschuldigte sich, danach verzichtete sie auf das Amt der Schriftführerin. Als Bundestagspräsidentin sollten ihr solche Fehler nicht mehr passieren.