Das Bundeskartellamt beobachtet Apple besonders intensiv. Zu Recht, wie der Bundesgerichtshof heute bestätigt hat. Das Kartellamt könnte nun Wettbewerbsmaßnahmen ergreifen.
Seit 2021 kann das Bundeskartellamt insbesondere gegen besonders mächtige IT-Konzerne vorgehen, wenn diese eine besondere Machtposition auf dem Markt haben. Dafür sieht das Gesetz ein zweistufiges Verfahren vor. Auf der ersten Stufe geht es um die Frage, ob ein Unternehmen überhaupt eine überragende Machtposition hat.
Dann kann das Kartellamt auf der zweiten Stufe besondere Maßnahmen gegen das Unternehmen ergreifen und so dessen Spielräume im Wettbewerb begrenzen. Es könnte einem Konzern etwa verbieten, eigene Produkte stärker zu bewerben als die von Konkurrenten. Davon könnten dann neben Konkurrenten auch Verbraucher profitieren.
Das Bundeskartellamt hatte bei Apple im Frühjahr 2023 auf der ersten Stufe die nötige überragende Machtposition festgestellt. Dagegen hat Apple Beschwerde eingelegt, die der BGH nun zurückgewiesen hat.
Kartellamt mit besonderer Missbrauchsaufsicht für Großkonzerne
Damit das Bundeskartellamt auf der ersten Stufe überhaupt die Machtposition feststellen kann, muss ein Unternehmen laut Gesetz zwei Voraussetzungen erfüllen. Erste Voraussetzung: Das Unternehmen muss "marktbeherrschend" sein. Dafür wird etwa geschaut, ob Nutzer nur schwer einen Anbieter wechseln können. Ein anderer Aspekt ist, ob das Unternehmen leicht auf Daten zugreifen kann, die für den Wettbewerb relevant sind.
Die zweite Voraussetzung: Das Unternehmen muss eine "überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb" haben. Im Fall von Apple liegen diese beiden Voraussetzungen vor, so erst das Bundeskartellamt und heute der BGH.
BGH bestätigt: Apple erfüllt beide Voraussetzungen
Aus Sicht der Richterinnen und Richter ergibt sich die marktbeherrschende Rolle von Apple unter anderem daraus, dass der Konzern auf mehreren Feldern aktiv ist. Apple verkauft etwa nicht nur sein iPhone, sondern bietet dann im Apple-App Store weitere Dienste an. Dort können iPhone-Nutzer Programme kaufen und herunterladen.
Der App Store ist vorinstalliert. Mit den dort verfügbaren Apps macht der Konzern Milliarden Umsätze. Im Jahr 2021 habe Apple etwa mit seinem App Store ein Nettoerlös von mehr als 15 Milliarden Euro erzielt. Einen anderen, Apple-fremden, App Store gibt es auf iPhones nicht.
Überragende Rolle auch ohne konkrete Gefahr für den Wettbewerb
Daneben habe Apple auch eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb. So eine liegt vor, wenn ein Unternehmen so mächtig ist, dass sein Angebot Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit von Mitbewerbern haben kann. Dafür wird etwa geschaut, ob ein Unternehmen Zugriff auf Daten hat, die im Wettbewerb relevant sind.
Der BGH sieht bei Apple die überragende Rolle erfüllt. Es bestehe zumindest die Möglichkeit, dass das Unternehmen eine Gefahr für den Wettbewerb darstelle. "Das Bundeskartellamt hat zutreffend festgestellt, dass Apple über solche Potenziale verfügt", so der Vorsitzende Richter Wolfgang Kirchhoff in der mündlichen Begründung.
So begründet der BGH seine Entscheidung
Zur Begründung führt der BGH mehrere Aspekte an. Da wären zum einen die hohen Absatzzahlen des Apple-Klassikers iPhone. Weltweit wurden bereits über mehr als Milliarden Geräte des Apple-Handys verkauft. Was Apple mit dem iPhone macht, wirkt sich also sehr stark auf viele Nutzer und mögliche Konkurrenten aus.
Daneben ist das Unternehmen in vielen weiteren Bereichen aktiv. Die Angebote verbindet Apple dabei eng miteinander. Damit dürfte der BGH unter anderem Dienstleistungen wie der Bezahldienst ApplePay, der Streamingdienst AppleTV und das Speicherangebot iCloud meinen. Dabei bekomme Apple teils auch Daten, die marktrelevant sein könnten. Der Konzern spricht dabei von einem "Apple-Ökosystem": Wer mit einem Apple-Produkt dazugehört, kann die Angebote nutzen. Nutzer von anderen Smartphones hingegen - wenn überhaupt - nur eingeschränkt.
Mit seiner Strategie ist Apple sehr erfolgreich. Der IT-Konzern gilt als eins der wertvollsten Unternehmen der Welt. Allein im Geschäftsjahr 2022 hat der US-Konzern knapp 95 Milliarden Dollar Gewinn gemacht.
Bundeskartellamt sieht Weg gegen große IT-Konzerne bestärkt
Das Unternehmen hat die Entscheidung aus Karlsruhe heute kritisiert. "Apple ist stolz darauf, in jedem Markt, in dem wir tätig sind, ein Motor für Innovation, Arbeitsplätze und Wettbewerb zu sein", so eine Sprecherin. Die Einschätzung von Kartellamt und BGH vernachlässigten den Wert eines Geschäftsmodells, das die Privatsphäre und Sicherheit in den Mittelpunkt stelle.
Das Bundeskartellamt zeigte sich hingegen erfreut über den Beschluss. Das Amt prüfe bereits seit einiger Zeit besondere Datenvorgaben von Apple für Drittanbieter-Apps. "Wir arbeiten mit Hochdruck an diesem Fall", so Kartellamtpräsident Andreas Mundt.
Mit der heutigen Entscheidung hat der BGH zum zweiten Mal eine Feststellung des Bundeskartellamts bestätigt. In einer ersten Entscheidung ist der Senat im April 2024 der Feststellung zur besonderen Machtposition von Amazon gefolgt. Daneben führt das Bundeskartellamt weitere Verfahren, etwa gegen Google, Microsoft und Facebook.