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Die Aktie des österreichischen Rüstungskonzerns Steyr Motors hat ihren Wert binnen nur zwei Wochen versechzehnfacht. Ein gewaltiger Kursanstieg - der allerdings auch Fragen aufwirft.
Die Börsengeschichte von Steyr Motors ist denkbar kurz - aber sie hat es in sich. Erst im Oktober hatte die deutsche Beteiligungsgesellschaft Mutares den Spezialisten für Antrieb und Energieerzeugung aus dem oberösterreichischen Steyr in Frankfurt an die Börse gebracht. Für 14 Euro je Aktie.
Zum Vergleich: Gestern war die Aktie in der Spitze 384 Euro wert. Damit näherte sich der Börsenwert des Unternehmens der Marke von zwei Milliarden Euro - eine Größe, die längst nicht jeder MDAX-Wert erreicht.
Bis zu 900 Prozent Kursplus in fünf Tagen
Besonders bemerkenswert ist der kurze Zeitraum, in dem sich dieser steile Kursanstieg vollzog - hatte die Steyr-Aktie in ihren ersten Monaten auf dem Börsenparkett doch erst einmal vor sich hingedümpelt.
Doch dann legte sie plötzlich den Schalter um: In den vergangenen gut zwei Wochen versechzehnfachte sich der Aktienkurs. Allein für die vergangenen fünf Handelstage steht ein Kursplus von knapp 600 Prozent zu Buche, in der Spitze betrug der Wertzuwachs sogar über 900 Prozent.
Rheinmetall und Brasilien sorgen für Kursschub
Am 11. März hatte das Unternehmen eine Vereinbarung mit dem deutschen Rüstungskonzern und DAX-Unternehmen Rheinmetall über die Entwicklung und Lieferung von Motoren für den militärischen Einsatz veröffentlicht. Daraufhin beschleunigte sich der Kursanstieg massiv.
Am Freitag meldete Steyr Motors dann einen langfristigen Rahmenauftrag in Brasilien. Der Auftragsbestand des Konzerns bis 2027 steige damit auf fast 200 Millionen Euro, erklärte der Spezialmotorenbauer. Der Aktienkurs schnellte daraufhin zum Wochenschluss um rund 70 Prozent in die Höhe.
Was sagt die Börsenaufsicht?
Doch einige Details in der Kurshistorie sind auffällig: Bereits am Tag vor der Meldung zu Brasilien, also am vergangenen Donnerstag, stieg der Steyr-Kurs massiv um 25 Prozent. Am Montag ging es dann sogar nochmals um 144 Prozent in die Höhe - und auch das ganz ohne neue fundamentale Nachrichten, die solche Kurssprünge auch nur annähernd hätten begründen können.
Was sagt also die Börsenaufsicht dazu? "Zum konkreten Einzelfall äußern wir uns nicht", erklärt ein BaFin-Sprecher auf Anfrage von tagesschau.de. "Wenn es allerdings auffällige Kursbewegungen gibt, dann schauen wir uns das routinemäßig an, ob es etwa Anhaltspunkte gibt für Marktmanipulationen, Insiderhandel oder Verstöße gegen Adhoc-Pflichten."
Die Pflicht zur sogenannten Adhoc-Publizität sieht vor, dass ein Unternehmen Insiderinformationen so schnell wie möglich veröffentlicht und damit den übrigen Marktteilnehmern zur Verfügung stellt.
Wenig Streubesitz, hohe Volatilität
Keine Frage, Steyr profitiert nicht zuletzt auch vom branchenweiten Boom der europäischen Rüstungswerte, der hierzulande die Kurse von Rheinmetall, Hensoldt und Renk seit Wochen schon beflügelt. Immerhin sind die Österreicher Spezialisten für Antrieb und Energieerzeugung - unter anderem für Waffensysteme.
Eine große Rolle beim steilen Kursanstieg der Steyr-Aktie dürfte zudem die Marktstruktur spielen: Nur extrem wenige Aktien sind frei handelbar, der Streubesitz liegt bei gerade einmal 11,4 Prozent. Bei Steyr Motors handelt es sich damit um einen äußerst marktengen Wert - da reichen schon wenige Orders aus, um das Papier in die eine oder andere Richtung massiv zu bewegen.
Wehe, wenn Gewinnmitnahmen einsetzen
Damit ist auch klar: Institutionelle Investoren dürften nicht hinter der Steyr-Kursexplosion stecken. Diese meiden nämlich für gewöhnlich solche wenig liquiden Werte.
Zugleich sollte die enge Marktstruktur auch eine Warnung an all jene (Privat-)Anleger sein, die jetzt noch auf den Steyr-Zug aufspringen wollen: Genauso schnell, wie es zuletzt nach oben ging, könnte es nun auch wieder nach unten gehen, sollten sich vermehrt Investoren zu Gewinnmitnahmen entschließen.
Steyr-Aktie ist massiv überbewertet
Fakt ist: Der Steyr-Aktienkurs hatte sich zuletzt von jeglicher fundamentalen Rationalität bereits meilenweit entfernt, das zeigt schon ein Blick auf das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV). Legt man die geplanten Umsätze für 2025 von mindestens 58 Millionen Euro und den aktuellen Börsenwert (Stand: Schlusskurs Dienstagabend) von 1,2 Milliarden Euro zugrunde, so wurde die Steyr-Aktie trotz der gestrigen Verluste immer noch beim über 20-Fachen des erwarteten Umsatzes gehandelt.
An der Börse gilt ein KUV unter 1 als moderate bis günstige Bewertung. Ein KUV von über 2 wird oftmals bereits als überbewertet angesehen. Legt man diesen Maßstab zugrunde, so ist die Steyr-Aktie mit einem KUV von über 20 massiv überbewertet. Zum Vergleich: Bei Rheinmetall liegt dieser Wert bei knapp 5.