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Antisemitismus: Vorwurf gegen den Hessischen Rundfunk: "Das war erniedrigend"



Bei einer Sendung des Hessischen Rundfunks soll es zu einem antisemitischen Vorfall gekommen sein. Die Betroffene machte den Vorgang publik. So reagiert der Sender.

Beim "Hessischen Rundfunk" soll es zu einem antisemitischen Vorfall gekommen sein. Die deutsch-israelische Informatikerin Haya Schulmann postete am Dienstagnachmittag auf dem Netzwerk "LinkedIn" einen Beitrag, in dem sie schilderte, dass sie wenige Stunden zuvorals Interviewpartnerin in einer Sendung zum Thema "Europäischer Datenschutz" zugeschaltet war. Bei der vorherigen Technikprobe habe die türkischstämmige Moderatorin die Professorin gefragt, woher ihr Name denn komme.

Als sie "aus Israel" antwortete, habe die Moderatorin "Bähhh" gerufen und ihr die Zunge herausgestreckt. Sofort danach sei sie stummgeschaltet und erst kurz vor der Sendung wieder zugeschaltet worden. Als Schulmann einen Mitarbeiter fragte, was das denn gewesen sei, habe der ihr gesagt, die Moderatorin habe das nicht so gemeint.

"Ich war schockiert"

"Ich war schockiert und wusste nicht, wie ich reagieren sollte", sagt Schulmann nun dem stern. Sie habe zunächst überlegt, das Interview gar nicht zu geben. Der Mitarbeiter habe ihr gesagt, dass er das verstehen könne. Sie habe dann aber nicht unprofessionell wirken wollen und das Interview, das nur wenige Minuten dauerte, absolviert.

Antisemitismus.  16.20

Erledigt ist der Vorfall für die Professorin damit aber noch nicht. "Das war erniedrigend und verletzend", sagt sie. "Ich würde mich niemals jemandem gegenüber so verhalten." Besonders schockiert habe sie der Vorfall auch deshalb, weil sie die Moderatorin zunächst als sehr nett empfunden habe und die Redaktion hinterher ihr Verhalten so heruntergespielt habe.

Schulmann sagt, sie habe gezögert, die Erfahrung publik zu machen. "Niemand will Opfer sein. Aber es gibt viel zu wenig Bewusstsein zum Thema Antisemitismus, und wenn ich mich nicht traue, kann ich es auch von niemandem sonst erwarten", so die Informatikerin. "Deshalb habe ich es später doch gepostet." Sie schätze Deutschland sehr und wolle nicht, dass sich die Gesellschaft negativ verändere.

Auschwitz Museum Interview 17.06

Die renommierte Wissenschaftlerin, selbst Enkelin deutscher Holocaustüberlebender, kam 2014 nach Deutschland, ist inzwischen mit einem Deutschen verheiratet und hat seit einigen Jahren die doppelte Staatsbürgerschaft. Sie ist Professorin am Lehrstuhl für Informatik an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt und verantwortet außerdem das Forschungsgebiet "Analytics Based Cybersecurity" am Nationalen Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit ATHENE.

Vorwurf des Antisemitismus: So reagiert der "Hessische Rundfunk"

Von der Moderatorin oder der Redaktion hat Schulmann bislang nichts mehr gehört. Dafür meldete sich HR-Intendant Florian Hager noch am Dienstagabend per Direktnachricht bei ihr und versprach, dem Vorgang nachzugehen.

Auf eine Anfrage von RTL erklärte ein Sprecher des "Hessischen Rundfunks": Wir nehmen die Anschuldigungen, die Haya Schulmann in ihrem Posting schildert, sehr ernst. Uns ist es wichtig, den Sachverhalt umfassend zu klären und alle Beteiligten dazu zu hören. Solange die Klärung andauert, bitten wir um einen respektvollen Umgang mit allen Beteiligten."

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