
Die Spitzen von Union und SPD haben sich auf einen gemeinsamen Kurs in der Migrationspolitik verständigt. Das teilten beide Seiten nach Sondierungsgesprächen in Berlin mit. Hier die Einigung im Einzelnen:
An den Landgrenzen sollen nach Angaben des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz künftig auch Menschen zurückgewiesen werden, die ein Asylgesuch stellen - allerdings nur in Abstimmung mit dem jeweiligen europäischen Nachbarstaat. Die Zahl der Polizisten, die an der Grenze kontrollieren, soll erhöht werden.
Möglich sind Zurückweisungen grundsätzlich nur da, wo es stationäre Grenzkontrollen gibt. Die hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD zwar in den vergangenen Jahren sukzessive für alle deutschen Landgrenzen angeordnet. Wer einen Asylantrag stellen will, darf aber bisher in der Regel einreisen.
Im vergangenen Jahr wurden laut Bundesinnenministerium rund 80.000 unerlaubte Einreisen festgestellt, wobei es in etwa 47.000 Fällen zu einer Zurückweisung kam, etwa wenn jemand gefälschte Dokumente vorlegte oder weil nach einer Abschiebung eine Einreisesperre ausgesprochen worden war.
Merz hatte im Wahlkampf gesagt, er wolle am ersten Tag einer Amtszeit als Bundeskanzler das Innenministerium mittels Richtlinienkompetenz anweisen, "ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen". Das Ziel der "Begrenzung" der Migration wollen CDU, CSU und SPD laut Merz wieder in das Aufenthaltsgesetz aufnehmen.
Staatsangehörigkeitsrecht soll Bestand haben
Das von der Ampel-Koalition reformierte Staatsangehörigkeitsrecht soll weiter Bestand haben. CDU, CSU und SPD einigten sich laut einem gemeinsamen Papier im Grundsatz darauf, die verkürzten Wartefristen für eine Einbürgerung und den Doppelpass für Nicht-EU-Bürger beizubehalten.
Geprüft werden soll, ob es verfassungsrechtlich möglich wäre, Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten, die zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrufen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, falls sie noch eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen.
Das von SPD, Grünen und FDP beschlossene neue Staatsangehörigkeitsrecht war erst am 27. Juni in Kraft getreten. Es sieht vor, dass ein Anspruch auf Einbürgerung nun schon nach fünf statt bisher acht Jahren besteht - vorausgesetzt der Antragsteller erfüllt alle Bedingungen. Dazu zählt beispielsweise, dass jemand seinen Lebensunterhalt grundsätzlich selbst bestreiten kann.
Bei besonderen Integrationsleistungen können Ausländer bereits nach drei Jahren Deutsche werden. Voraussetzungen für diese schnellere Einbürgerung sind gute Leistungen in Schule oder Job, hervorragende Sprachkenntnisse oder ehrenamtliches Engagement. Mehrstaatigkeit - der sogenannte Doppelpass - ist generell zugelassen. Um die Leistungen der DDR-Vertragsarbeiter und der sogenannten Gastarbeiter zu würdigen, wurden für sie die Anforderungen für eine Einbürgerung gesenkt, etwa was das Sprachniveau betrifft.
Familiennachzug wird ausgesetzt
Der Familiennachzug zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus soll befristet ausgesetzt werden. Das würde unter anderem viele Menschen aus Syrien betreffen. Wie lange der Familiennachzug ausgesetzt werden soll, ist noch nicht bekannt. Aktuell gilt für Angehörige von subsidiär Schutzberechtigten ein Kontingent von maximal 1.000 Einreisen pro Monat.
Neue freiwillige humanitäre Aufnahmeprogramme soll es nicht geben. Bereits existierende Bundesaufnahmeprogramme wie das für gefährdete Afghanen sollen soweit wie möglich beendet werden.
Geplant sind zudem gesetzliche Regelungen, mit denen die Zahl der Abschiebungen erhöht werden soll. CDU, CSU und SPD einigten sich auch darauf, die Liste der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten zu erweitern. Allerdings könnte es hier im Bundesrat Widerstand von Ländern mit Grünen-Regierungsbeteiligung geben.