Der Republikaner Donald Trump beweist bei McDonald’s einmal mehr, wie brillant er das Spiel mit den Medien beherrscht. Was passiert, wenn so einer bei uns Wahlkampf macht?
Trumps haifischartiger Medieninstinkt sollte uns das Fürchten lehren. Jeder konnte das sehen, als er, Sekunden nachdem eine Gewehrkugel sein Ohr traf, die Faust für die Kameras reckte und brüllte: "Fight! Fight! Fight!" Er verfügt über alle Fähigkeiten, die man in einer Öffentlichkeit benötigt, die emotinalisiert wird durch alte und neue Medien. Selbst die Demokraten haben dem wenig entgegenzusetzen, das hat diese Woche gezeigt. In diesen Tagen beginnt der Bundestagswahlkampf: Alle Berater, Wähler und Politiker sollten daher genau nach Amerika schauen.
Donald Trump und sein Wahlkampfteam haben die medialisierte Welt verstanden. Der Kandidat der Republikaner punktete vergangene Woche mit einem Auftritt bei McDonald's: Er reichte Fritten durch ein Drive-Thru-Fenster, lächelte in die Kamera, betonte, die Kartoffelstäbchen hätte kein menschlicher Finger berührt. Kurz darauf tauchen ecoli-Bakterien in der Fastfood-Kette auf und Trumps Finger-Satz wirkte geradezu prophylaktisch.
Die Inszenierung war perfekt. Es war auch rein visuell ein echtes Spektakel: Trump passt so ideal in dieses Fastfood-Szenario, als hätte ihn Edward Hopper hineingemalt: Das gelbe Haar, die gelben Schürzenträger, die gelben Pommes, das gelbe Logo. Die roten Pommestüten und Trumps rote Krawatte. Gold!
Alles fake
Natürlich war das alles Fake: Das Restaurant war geschlossen, die "Kunden" waren handverlesene Trump-Unterstützer, bestellt haben sie nichts, Trump hat ihnen einfach irgendetwas herausgereicht. Aber Realität ist das, was kommunizierbar ist.
Über das PR-Theater rümpft man gewohnheitsmäßig die Nase in Deutschland. Manch ein Medium schreibt besorgt herbei, McDonald’s habe sich von Trump distanziert - was nicht stimmt. In ihrer Furcht vor Trump wünschen sich die Deutschen einen Harris-Sieg herbei und machen es sich einfach: Sie glauben daran laut Umfrage des "Politbarometer", obwohl für diesen Wahlausgang am 6. November derzeit sehr wenig spricht.
Vorangegangen war dem albern wirkenden Fritten-Stunt eine Auseinandersetzung mit Kamala Harris: Die als elitär verschriene Kandidatin der Demokraten hatte behauptet, früher einmal bei McDonald’s gearbeitet zu haben. Trump sah hier eine Chancen, ihre Glaubwürdigkeit zu erschüttern: Belege konnten weder die Kette noch Harris vorlegen - Unterlagen aus dem vordigitalen Zeitalter fehlten. Unklare Fakten? Das ist perfekt für Donald Trump.
Wenn schon Döner schneiden, dann mit Liebe
Trump bestritt also Harris’ McDonalds-Erfahrung. Er hatte zwar vermutlich selbst keine, aber er hat die Gleichzeitigkeit der Medienöffentlichkeit begriffen: Er kann heute kontern, was Harris damals angeblich gemacht hat. Die Bilder sagen: Der Milliardär Trump passt in unser Mittelklassen-Schnellrestaurant und zwar sogar hinter die Fritteuse. Harris hat da niemand je gesehen. Darauf kommt es an.
Die Professionalität und Geistesgegenwart, mit der Trump die Medien bedient, ist uns fremd. Bei uns wirken Inszenierungen oft sehr peinlich: Sowohl die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch der amtierende Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier haben schon als Imbissbuden-Personal posiert. Beide schnitten dabei Döner. In beiden Fällen wirkte es deplatziert, aufgesetzt, künstlich. Warum?
Ein wichtiger Faktor ist die Körpersprache: Steinmeier und Merkel schnitten mit einem Arm am Döner herum. Es wirkte abgewandt, lieblos, weil ihre Körper vom Spieß abgewandt waren. Wer einmal im Imbiss war, weiß: Oft schneidet man mit der einen Hand, die andere fixiert mit einem Löffel oder einer Zange den Spieß oder fängt die Fleischfetzen mit einer Art Kelle auf. In beiden Fällen ist man dem zu- nicht abgewandt. Das signalisiert: Ich kümmere mich.
"Sie brauchen Hoffnung"
Trump macht das richtig. Geradezu zärtlich bemüht füllt er leicht gebeugt die Pommes in die Tüten: Ein echter Kümmerer, so sieht das aus. So berichtet die "Washington Post" über den Auftritt: "Trump schien den Besuch zu genießen und nahm die Menge in sich auf: 'Schauen Sie sich an, wie glücklich alle sind. Sie brauchen Hoffnung'." Er wirkt zugewandt.
Fast hilflos wirkte da die Replik der Demokraten: Trump sehe aus wie Ronald McDonald, sagte Tim Walz, Trump sehe also aus wie der Clown, der er eigentlich sei. Ob das verfangen wird? Ronald McDonald ist eine Werbefigur von McDonald’s, die auch Patenfigur für die Kinderhilfe des Konzerns ist. Sie soll Kinder ansprechen. Es ist jemand, der kleinen Menschen Freude macht. Es ist instinktlos, Trump damit zu vergleichen - ähnlich instinktlos wie hierzulande die Vorwürfe gegen Robert Habeck wegen dessen Tätigkeit als Kinderbuchautor.
Die Demokraten haben dem Medien-Haifisch Trump wenig entgegenzusetzen. Im Gegenteil: Harris posierte kürzlich für das Vogue-Cover. Das kann funktionieren, wie etwa Sahra Wagenknecht beim “Gala-Shooting” zeigte. Es klappt aber nur, wenn man nicht ohnehin den Ruf hat, abgehoben zu sein. Harris wirkt abgehoben, nicht nur, wenn sie auf Bühnen ungefragt von Venn-Diagrammen schwärmt. Wenn Sie nicht wissen, was ein Venn-Diagramm ist, verstehen sie sofort, dass so eine Anekdote nicht sonderlich anschlussfähig ist.
Keine Chance gegen Haifische
Wenn irgendwann ein Medien-Haifisch wie Trump in Deutschland auftaucht, reicht es nicht, mit Friedrich Merz oder Olaf Scholz dagegenzuhalten. Man kann an Sahra Wagenknecht ablesen, wie hilflos die Mitte agiert: Dass Wagenknecht etwa in Talkshows genau weiß, wo welche Kamera steht, wird hierzulande kritisiert. Besser wäre, wenn man genau das auch von den Kandidaten der Mitte erwartet.
In einer Welt, die für sich genommen komplizierter geworden ist und Falschinformationen zusätzlich den Durchblick verhindern, rückt etwas anderes in den Fokus: Die Persönlichkeit. In diesem Umfeld ist es politisch hoch relevant, ob ein Kandidat bei einer Burgerkette gearbeitet hat oder nicht – und wie er dabei aussieht. Wenn Menschen nicht verstehen, was eine Führungsperson eigentlich genau macht, wollen sie wenigstens verstehen, was das für eine Person ist.
Wir müssten das längst begriffen haben. Deutschland und die CDU haben vor vier Jahren ein Wahlkampftrauma davongetragen: Der Unionskandidat Armin Laschet verlor den Kampf gegen den langweiligen Olaf Scholz, weil er im falschen Moment lachte und an einer Eiskugel leckte. Dennoch duellieren sich bald mit Merz und Scholz zwei Politiker, die in der medialisierten Welt schlicht nicht zu Hause sind.
Beide können froh sein, dass sie nicht mit einem Haifisch wie Donald Trump in einem Becken schwimmen.