Wehrpflicht und soziales Jahr? Jetzt mischt sich auch der Bundespräsident in die Debatte ein. Frank-Walter Steinmeier findet, ein Pflichtjahr gehöre zur Zukunft des Landes.
Es ist eine ungewöhnliche Wortmeldung mitten in den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD. Doch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schöpft Hoffnung für eine Idee, die er seit Langem propagiert: Exklusiv im stern fordert das Staatsoberhaupt die künftige Regierung auf, die Debatte um eine verpflichtende Dienstzeit aufzugreifen.
"In unserem Land werden die politischen Weichen für die Zukunft gestellt und die Frage der Pflichtzeit gehört dazu", sagte Steinmeier dem stern. Er freue sich sehr, dass die Debatte "derzeit so intensiv wie nie" geführt werde. "Die Pflichtzeit ist praktischer Einsatz für die Demokratie und für eine lebenswerte Zukunft."
Wehrpflicht-Debatte: Steinmeier schlug Dienstzeit vor
Steinmeier verwies darauf, dass er zu Beginn seiner zweiten Amtszeit einen verpflichtenden Dienst an der Gesellschaft vorgeschlagen habe. "Es gab damals schon viel Zustimmung für eine Zeit des Miteinanders, eine gleiche Pflicht für alle, einen Dienst für unsere Demokratie." Er begrüße es, "dass immer mehr Vorschläge über die praktische Ausgestaltung gemacht werden".
Die potenziellen Koalitionsparteien debattieren derzeit über Wehrpflicht und soziale Dienstzeit. Die Union fordert, die 2011 von der Bundesregierung beschlossene Aussetzung der Wehrpflicht wieder zurückzunehmen. Artikel 12a des Grundgesetzes sieht vor, dass junge Männer zum Wehr- oder einem anderen gesellschaftlichen Dienst herangezogen werden können.
Nach Vorstellung der CDU könnte ein Pflichtdienst entsprechend zum Beispiel auch beim Technischen Hilfswerk abgeleistet werden. Die SPD ist bislang allerdings nur bereit, einen freiwilligen Wehrdienst einzuführen, wie es Verteidigungsminister Boris Pistorius vorgeschlagen hat.
Die bayerischen Grünen regten inzwischen einen verpflichtenden "Freiheitsdienst" an. Demnach sollen alle Frauen und Männer irgendwann im Alter zwischen 18 und 67 Jahren sechs Monate Dienst leisten. Dabei können sie wählen zwischen Wehrdienst, Dienst im Bevölkerungsschutz, bei der Feuerwehr oder Hilfsorganisationen oder einem anderen sechsmonatigen Gesellschaftsdienst.
Schon abgeleistete Dienste oder bestimmte ehrenamtliche Tätigkeiten sollen angerechnet werden. Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, unterstützt den Vorstoß der Grünen aus Bayern. Sie finde den Vorschlag "sehr, sehr gut", sagte die SPD-Politikerin im Deutschlandfunk.
Laut Steinmeier sagt der demokratische Staat mit einer Pflicht zum gesellschaftlichen Dienst: “Du zählst, Du trägst Verantwortung und Du bist Teil dieser Demokratie! Du wirst gebraucht!” Und zwar für eine gerechtere, eine menschliche und nachhaltige Gesellschaft.