Marine Le Pen will 2027 endlich ihr großes Ziel erreichen: den Einzug in den Élysée-Palast in Paris. Doch ein Prozess droht nun ihre Präsidentschaftskandidatur zu verhindern. Dort fordert die Staatsanwaltschaft eine lange Haftstrafe und den Verlust des passiven Wahlrechts.
Im Prozess um die Veruntreuung von EU-Geldern hat die französische Staatsanwaltschaft für die Rechtspopulistin Marine Le Pen fünf Jahre Haft, davon zwei Jahre auf Bewährung, sowie einen fünfjährigen Entzug des passiven Wahlrechts gefordert. Eine solche Strafe "würde den Angeklagten verbieten, bei künftigen lokalen oder nationalen Wahlen zu kandidieren", erklärte der Staatsanwalt Nicolas Barret am Mittwochabend in dem Pariser Gerichtssaal.
Le Pen, die in der ersten Reihe der Angeklagten saß, will bei der französischen Präsidentschaftswahl 2027 zum dritten Mal antreten. Die geforderte Strafe gefährdet somit diesen Plan. "Wir befinden uns hier in einem Gerichtsgebäude und das Recht gilt für alle", betonte der Staatsanwalt.
Er forderte ein sofortiges Inkrafttreten des Verbots - auch wenn Le Pen in Berufung geht. Die Rechtspopulistin war zuvor bereits zu einer Rückzahlung von 300.000 Euro an das Europaparlament verurteilt worden. Marine Le Pen verurteilte ihrerseits die "Gewalttätigkeit" und "Übertreibung" der Vorwürfe. "Ich denke, der Wille der Staatsanwaltschaft besteht darin, den Franzosen die Fähigkeit zu nehmen, diejenigen zu wählen, die sie wählen wollen" sowie "die Partei zu ruinieren", betonte die 56-Jährige.
Jahrelange Ermittlungen
In dem Gerichtsverfahren wird Le Pen Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Dabei geht es um die mögliche Scheinbeschäftigung von Assistenten von mehreren französischen Europaabgeordneten zwischen 2004 und 2016. Zentraler Vorwurf ist, dass Le Pens Partei Gelder für parlamentarische Assistenten bekam, die aber zumindest in Teilen für die Partei gearbeitet hätten. Insgesamt stehen 20 Angeklagte, darunter damalige Abgeordnete und Assistenten, vor Gericht. Das Verfahren richtet sich auch gegen die Partei Rassemblement National (früher: Front National). "Die Partei war finanziell in einer schwierigen Lage und hat alles genutzt, was möglich war, legal oder nicht legal", sagte Staatsanwältin Louise Neyton zum Auftakt der Plädoyers.
Le Pen hatte im Prozess darauf verwiesen, dass die Assistenten nicht für einzelne EU-Abgeordnete, sondern für die gesamte Gruppe gearbeitet hätten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr hingegen vor, die Assistenten-Gehälter systematisch zur Sanierung der Parteifinanzen genutzt zu haben.
Das EU-Parlament, das in dem Verfahren als Nebenkläger auftritt, beziffert den Schaden auf 3,4 Millionen Euro. Die Partei hat bereits eine Million Euro zurückgezahlt, will dies aber nicht als Schuldeingeständnis gewertet sehen. Der damalige Europaparlamentspräsident Martin Schulz hatte die Ermittlungen 2015 ins Rollen gebracht. Nach jahrelangen Ermittlungen müssen sich schließlich nun neun der damaligen EU-Abgeordneten, zwölf ihrer damaligen Assistentinnen und Assistenten und weitere Mitarbeiter der Partei vor Gericht verantworten.