In sechs Wochen wird ein neuer Bundestag gewählt. Und die CDU stellt den Wählern bei einer Regierungsübernahme ein großes Wirtschaftspaket in Aussicht. Eine "Agenda 2030" soll Deutschland wieder auf Kurs bringen - und viele Menschen entlasten.
Die CDU von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz startet angesichts stagnierender Umfragewerte mit einer "Agenda 2030" für mehr Wachstum in die heiße Phase bis zur Bundestagswahl. Dass die Volkswirtschaft wieder in Gang komme, sei "Voraussetzung für alles andere", sagte der CDU-Chef vor Beginn einer Vorstandsklausur seiner Partei in Hamburg. Merz will in den sechs Wochen bis zur Wahl für noch größere Zustimmung kämpfen.
"Nur mit einer gesunden Wirtschaft können wir in Deutschland eine gute Sozialpolitik machen", sagte Merz. Das gelte auch für die Umweltpolitik. Das Ziel laute zwei Prozent Wachstum. "Das ist ehrgeizig, aber das ist zu schaffen, wenn wir vor allen Dingen einige Grundvoraussetzungen neu schaffen." Der CDU-Vorstand beschloss am Abend einstimmig ein Papier für eine "Agenda 2030", die unter anderem auf eine Steuerreform, einen flexibleren Arbeitsmarkt und niedrigere Energiepreise zielt.
Steuerreform ab 2026
Konkret schlägt die CDU eine Steuerreform in vier Jahresschritten vor, beginnend Anfang 2026. Die Einkommensteuerbelastung soll sinken, der Spitzensteuersatz erst ab 80.000 Euro greifen, der Grundfreibetrag jährlich steigen. Überstundenzuschläge sollen bei Vollzeitbeschäftigung steuerfrei werden. Für Rentner, die freiwillig weiterarbeiten, sollen bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei bleiben. Der Solidaritätszuschlag soll ganz abgeschafft, das Bürgergeld in eine "Neue Grundsicherung" umgewandelt werden.
Generalsekretär Carsten Linnemann sagte, Kernstück der Steuerpläne sei eine Entlastung der breiten Mitte, der unteren und mittleren Einkommen. Merz sagte, man habe mit der "Agenda 2030" bewusst auch eine Assoziation zur "Agenda 2010" des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder gewählt. Was Schröder mit den Reformen vor 20 Jahren gemacht habe, sei "im Kern richtig" gewesen.
Im vergangenen Jahr dürfte die Wirtschaft nach Experteneinschätzungen erneut leicht geschrumpft sein. Für 2025 hat der Sachverständigenrat der "Wirtschaftsweisen" ein Plus von nur 0,4 Prozent prognostiziert.
Gewerkschaften warnen vor CDU-Agenda
Der Deutsche Gewerkschaftsbund warnte vor einer Rolle rückwärts. "Die Herausforderungen der Zeit löst die CDU mit ihrer Agenda nicht", sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. "Die Drohung, künftig eine wöchentliche anstelle einer täglichen Höchstarbeitszeit einzuführen, ist nichts anderes als eine Attacke auf die Beschäftigten." Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte, die Agenda enthalte kluge Elemente. Ein Wachstum von zwei Prozent sei aber illusorisch.
In die anderthalb Monate bis zum Wahltag startet die CDU mit einem satten Vorsprung. Laut den aktuellen von Forsa erhobenen Zahlen für das RTL/ntv-Trendbarometer liegt die Union bei 32 Prozent. Für Parteichef Merz reicht das aber noch nicht aus. "Wir haben ohne Zweifel noch Potenzial nach oben, aber dafür ist ein Wahlkampf da", sagte Merz dazu. "Der Wahlkampf fängt jetzt an, und am Ende des Wahlkampfes wird zusammengezählt." In der Union rumort es etwas, nachdem sich Merz in der Weihnachtszeit und über den Jahreswechsel mit öffentlichen Auftritten zurückgehalten hatte.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther sagte: "Je weniger wir uns Gedanken über die Zeit nach der Wahl machen, je mehr wir darüber reden, wie wir erst mal zu einem möglichst guten Wahlergebnis kommen, desto besser." Eine offene Flanke in der Sozialpolitik sehe er nicht. "Ich glaube aber, dass die Union gut beraten ist, wenn sie immer etwas zweigleisig fährt." Es gehe auch darum, Wachstum zu generieren, um den Zusammenhalt zu stärken.
Kurz vor der Klausur ließ sich Merz im Hamburger Hafen ein Feuerlöschboot zeigen. Mit einer Barkasse fuhr er zum Sitz der 2021 gegründeten Firma VB-Group. Das Unternehmen mit rund 30 Beschäftigten hat sich auf Dienstleistungen bei Konstruktion und Anlagenbau in der Energieerzeugung sowie in der Werft- und Schiffsbetriebstechnik spezialisiert. In einem Café traf Merz auch eine Runde von 25 Mandatsträgerinnen und Kandidatinnen für die Bundestagswahl und die Hamburger Bürgerschaftswahl.