"Verlässliche Partner": Kanadas Premier Carney bricht mit Tradition - Reise nach Europa

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Üblicherweise führt die erste Auslandsreise eines kanadischen Premiers ins Nachbarland USA. Doch derzeit sind die Beziehungen zu Washington höchst angespannt. Der neue Regierungschef orientiert sich deswegen nach Europa.

Antrittsbesuch in Frankreich und Großbritannien: Kanadas neuer Premierminister Mark Carney hat bei seinem ersten Auslandsbesuch für eine verstärkte Zusammenarbeit mit "verlässlichen Partnern" seines Landes geworben. Zunächst traf er sich mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, später mit dem britischen König Charles III., dem Staatsoberhaupt Kanadas. Überschattet wurde die Reise von der aggressiven Zollpolitik der USA und den wiederholten Drohungen von US-Präsident Donald Trump, Kanada zum 51. Bundesstaat machen zu wollen.

Üblicherweise führt die erste Auslandsreise kanadische Premierminister ins Nachbarland USA. Dass Carney stattdessen nach Europa flog, ist ein weiteres Anzeichen für das außergewöhnlich angespannte Verhältnis zwischen Ottawa und Washington.

Am Abend traf Carney im Londoner Buckingham-Palast zu Gesprächen mit dem britischen König Charles III. ein. Dieser ist zugleich auch Staatsoberhaupt in Kanada und wird dort durch Generalgouverneurin Mary Simon vertreten. Anschließend fuhr Carney zu einem Treffen mit dem britischen Premier Keir Starmer.

Auf seiner Rückreise plant er einen Zwischenhalt in der Stadt Iqaluit in dem nordkanadischen Territorium Nunavut, das fast unmittelbar an das ebenfalls von Trump beanspruchte Grönland angrenzt. Ziel des Aufenthalts sei es, Kanadas "Sicherheit und Souveränität in der Arktis zu bekräftigen", hieß es aus Regierungskreisen.

Bei seinem Treffen mit Macron in Paris hatte der Carney zuvor gesagt, die Stärkung der Beziehung zu Frankreich sei "wichtiger denn je", um "gemeinsam dieser immer weniger stabilen und gefährlicheren Welt zu begegnen". Dabei müssten auch "neue Chancen für unsere Unternehmer" geschaffen werden. Frankreich und Kanada stünden "für Souveränität und Sicherheit, was auch unser unerschütterlicher Beistand für die Ukraine zeigt", sagte der 60-Jährige. "Heute, da wir sehen, dass diese Prinzipien von immer mehr Regierungen auf der Welt abgelehnt werden, ist es für Kanada wichtiger denn je, seine Beziehungen zu unseren verlässlichen Verbündeten wie Frankreich zu stärken."

Kanada sei "das europäischste aller nicht-europäischen Länder" und werde "immer bereitstehen, die Sicherheit Europas zu gewährleisten", fügte er hinzu und unterstrich den gemeinsamen Willen, "die bestmöglichen Beziehungen zu den USA aufrechtzuerhalten".

Frankreich und Kanada seien "Friedensmächte" und "verlässliche Verbündete", betonte Macron, der Carney im Elysée empfangen hatte. "Fairer" Handel sei effektiver als Zölle, "die Inflation verursachen, die Lieferketten sowie die Integration unserer Volkswirtschaften beschädigen", sagte Macron.

Kanadas traditionell freundschaftliches Verhältnis zum Nachbarn USA ist in den ersten knapp zwei Monaten der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump bereits erheblich strapaziert worden. Kurz nach seinem Amtsantritt brachte Trump zusätzliche Zölle auf Einfuhren aus dem 41-Millionen-Einwohner-Land auf den Weg - und setzte diese mittlerweile zweimal wieder aus. Am vergangenen Mittwoch traten darüber hinaus 25-prozentige Einfuhrzölle auf Aluminium und Stahl aus der ganzen Welt in Kraft, die insbesondere Kanada treffen.

Der neue Premier Carney hatte am vergangenen Freitag die Nachfolge des seit 2015 amtierenden Justin Trudeau angetreten. Er hatte die kanadische Zentralbank Bank of Canada geleitet, später wurde er Chef der britischen Zentralbank Bank of England - als erster Ausländer in der Geschichte Großbritanniens. Bis vor Kurzem war er als UN-Sondergesandter für die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen tätig gewesen.

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