1 day ago

Urteil in Paris: "Je suis Marine!" – wie sich Europas Rechte mit Le Pen solidarisieren



Marine Le Pen wird nach einem Gerichtsurteil nicht für die Präsidentschaft antreten können. Undemokratisch – rufen nun jene, die sich sonst darum eher wenig scheren.

Es ist über 20 Jahre her, dass Marine Le Pen behauptete: "Die Franzosen haben es satt, dass gewählte Amtsträger Geld veruntreuen." Ob die französische Rechtspopulistin das vergessen hat? Oder, in der Hoffnung, dass es der Rest Frankreichs tun würde, ignoriert hat?

Nun steht gerichtlich fest: Marine Le Pen und rund zwei Dutzend Mitglieder des Rassemblement National (RN) haben europäische Gelder in Millionenhöhe veruntreut – zum Nutzen der eigenen Partei. Von dem Geld sollen sie Mitarbeiter bezahlt haben, die für die Partei arbeiteten.

Damit hat sich die Rechtspopulistin, die bisher als ernsthafte Konkurrentin von Emmanuel Macron gehandelt wurde, ihre Präsidentschaftskandidatur verbaut. Per Gerichtsbeschluss darf sie nun fünf Jahre lang nicht mehr in politische Ämter gewählt werden. Stattdessen erwarten sie eine vierjährige Haftstrafe – zwei Jahre auf Bewährung und zwei Jahre mit Fußfessel – sowie eine Geldstrafe von 100.000 Euro. 

Ausländische Staatschefs stellen sich hinter Marine Le Pen

Le Pen selbst hat sich zu all dem noch nicht geäußert. Sie verließ den Gerichtssaal, noch bevor die Richter das Urteil verkündeten. Das hält andere nicht davon ab, sich (für sie) zu positionieren. Le Pens Anhänger in Frankreich diskutieren bereits darüber, ob das Gerichtsurteil den demokratischen Prinzipien zuwiderlaufe. Der Vorsitzende des RN, Jordan Bardella, sprach von einem Todesstoß, gar der "Hinrichtung der französischen Demokratie".

Und auch im Ausland meldeten sich Unterstützer von Le Pen eifrig zu Wort – allen voran Ungarns Staatschef Viktor Orbán. Dessen Fidesz-Partei hat sich im Europaparlament mit dem RN verbrüdert. Zusammen bilden die beiden Parteien das Rückgrad der "Patrioten für Europa". Die Rechtsaußenfraktion ist die drittstärkste Abgeordnetenformation im EU-Parlament.

Seit Prozessbeginn hatte sich Orban immer wieder als Unterstützer Le Pens geriert und sie dazu aufgerufen, weiterzukämpfen. Wenig verwunderlich stellte er sich kurz nach der Urteilsverkündung direkt hinter seine Schwester im politischen Geiste: "Je suis Marine", schrieb der ungarische Politiker auf Französisch im Onlinedienst X. "Ich bin Marine."

Viktor Orban

Italiens Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini, Vorsitzender der Rechtspartei Lega, erklärte das Gerichtsurteil zur "Kriegserklärung", mit der man Le Pen aus dem politischen Leben ausschließen wolle, und fügte hinzu: "Wir lassen uns nicht einschüchtern, wir bleiben nicht stehen: Volle Kraft voraus, meine Freundin!“.

Mattheo Salvini

Grüße aus Moskau

Wie anderen europäischen Rechtspopulisten wird auch Marine Le Pen eine gewisse Nähe zum russischen Staatschef Wladimir Putin nachgesagt. 2017 empfing der Kremlchef sie in Moskau. Zudem profitierte die französische Rechtsaußenbewegung – damals noch bekannt unter dem Namen Front National – von Krediten aus Russland. Jetzt kritisierte Kremlsprecher Dmitri Peskow, das Urteil verstoße gegen demokratische Werte.

Russland werde sich nie in Frankreichs Innenpolitik einmischen, aber: "Unsere Beobachtungen in den europäischen Hauptstädten zeigen, dass man keineswegs zurückhaltend ist, im politischen Prozess die Grenzen der Demokratie zu überschreiten", erklärte Peskow in Moskau und verwies auf Rumänien. Im März entschied ein Gericht, dass der prorussische Politiker Calin Georgescu nicht als Präsidentschaftskandidat zu den Wahlen im Mai antreten darf. Der bis dahin eher unbekannte Politiker hatte im vergangenen November überraschend die erste Runde der Präsidentschaftswahl gewonnen. Das rumänische Verfassungsgericht kassierte den Sieg aber wieder wegen des Verdachts auf russische Wahleinmischung.

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